Das Bild der vermeintlich vor Lebensfreude strahlenden Jugend bröckelt. Denn die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie »Jung und einsam« kommt zum bitteren Ergebnis: Bundesweit sind elf Prozent der jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren »sehr einsam«. Weitere 35 Prozent sind »moderat einsam«.
Sicher dürfte die dauerhafte Krisenlage, unter anderem die Klimakrise, Pandemie, multiple Kriege und Inflation, ihren Teil dazu beigetragen haben. Doch damit ist es nicht getan. Diverse Faktoren wie Erziehung, Armut[1] oder Perspektivlosigkeit können zur sozialen Isolation führen. Wird nicht aktiv etwas dagegen unternommen, kann dies auch Depression zur Folge haben – mit gravierenden, teils unumkehrbaren Konsequenzen.
Die Bewohner*innen Berlins – zumindest jene im Bezirk Reinickendorf – können also nur hoffen, dass die neue Einsamkeitsbeauftragte Annabell Paris[2], die am 1. Februar ihren Job antrat, diesen auch ordentlich ausführt. Sie will Datenbanken aufbauen und mehrsprachige Angebote einführen. Paris’ Fokus liegt allerdings auf Reinickendorfs Senior*innen, weil Altersarmut Einsamkeit verstärkt. Und Reinickendorf hat viele alte Menschen.
Datenbanken lösen aber nicht die Ursache, und den Jungen ist damit definitiv nicht geholfen. Wenn Armut ein Einsamkeitsrisiko darstellt, muss dafür gesorgt werden, dass weniger Menschen arm sind. Wenn die Pandemie zu sozialer Isolation beigetragen hat, müssen Kompensationsveranstaltungen[3] eingeführt werden. Und überhaupt braucht das gesamte psychische Gesundheitssystem dringend Aufstockung. Paris hat jede Menge Arbeit vor sich.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183032.einsamkeitsstudie-kein-randphaenomen.html