Die Nachricht könnte für ein katholisches Bistum kaum aufwühlender sein: In Hildesheim will man »unverzüglich« prüfen, »inwieweit eine Umbettung von Heinrich Maria Janssen[1] aus der Bischofsgruft im Dom möglich ist«. Das teilte Weihbischof und Domdechant Heinz-Günter Bongartz dieser Tage mit. Voraussichtlich noch diese Woche könnte es eine Entscheidung geben.
Der Hintergrund: Dem Bistum liegen neue glaubwürdige Aussagen Betroffener vor, denen zufolge der 1988 verstorbene Bischof jahrelang drei Jungen sexuell misshandelt hat. Die Informationen hat man bereits seit dem Herbst. An die Öffentlichkeit ist seine Leitung damit allerdings erst Ende vergangener Woche gegangen.
Janssen, der von 1957 bis 1988 als Bischof von Hildesheim amtierte, war in der Bevölkerung zu Lebzeiten äußerst beliebt. »Er wurde von vielen verehrt wie ein Heiliger«, erinnern sich ältere Katholiken. Schon seit Jahren ist bekannt, dass der Bischof von anderen Geistlichen verübte Sexualdelikte an Kindern vertuscht hat[2], ein 2021 veröffentlichtes Gutachten liefert Belege dafür.
Auch vom Bistum als glaubhaft bezeichnete Vorwürfe, Janssen selbst habe sich an Schutzbefohlenen vergangen, sind bereits seit 2015[3] bekannt. Mutmaßliche Opfer forderten schon damals die Umbettung des Prälaten aus der Bischofsgruft auf einen Friedhof.
Die nun vom Bistum bekannt gemachten Anschuldigungen kommen von drei weiteren mutmaßlichen Betroffenen. Sie waren, als Janssen sich mutmaßlich an ihnen verging, zwischen acht und zwölf Jahre alt. Ihnen soll der damalige Bischof über mehrere Jahre hinweg schwere sexualisierte Gewalt angetan haben.
Genauere Angaben machte das Bistum mit Verweis auf den Schutz der Betroffenen nicht. Sie hätten sich an die unabhängigen Expert*innen für Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt in der Diözese gewandt. Der bischöfliche Beraterstab zu Missbrauchsfragen habe in einer Sitzung die Plausibilität der Vorwürfe festgestellt, heißt es in einer Mitteilung des Bistums. An der Sitzung hat auch der amtierende Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer teilgenommen. Er erklärte: »Ich bin schockiert und fassungslos angesichts der neuen Vorwürfe gegen Bischof Janssen sowie die Schwere der geschilderten Taten. Meine Gedanken sind bei den Menschen, die von diesen Verbrechen betroffen sind.«
Weihbischof Bongartz teilte derweil im Namen des Domkapitels mit[4], die Bischofsgruft im Hildesheimer Dom sei ab sofort durch eine eingebaute Tür blickdicht verschlossen. Davor gebe es einen Aufsteller mit erläuterndem Text, der über die Vorwürfe gegen Janssen informiere.