Immer wieder derselbe Film: Auf den Protest folgen Diskussionen um Gewalt. Die Polizei bemängelt Angriffe auf ihre tadellosen Beamten. Zum Drehbuch gehört auch, dass sich die Polizeiangaben nach kurzer Zeit als überzogen herausstellen. Im Gegenzug skandalisieren die Demonstranten die Gewalt der Ordnungsmacht. Und in der Tat stellt sich diese Frage nach der Verhältnismäßigkeit, wenn die Reaktion auf größtenteils friedlichen Protest – wie so oft – mehrere Knochenbrüche zur Folge hat[1]. Der finale Akt beinhaltet deshalb Forderungen nach einer transparenten Aufarbeitung und einer unabhängigen Kontrollinstanz.
All das lässt sich nach den Protesten gegen den AfD-Parteitag[2] in Essen wieder beobachten. Alles wie gewohnt also?
Wäre da nicht ein Plot-Twist, um den es verhältnismäßig ruhig bleibt: der Auftritt des AfD-Delegierten Stefan Hrdy. Der Mann ist gegen das Wahlalter ab 16, weil es Minderjährigen an »Reife« fehle[3]; bei diesem Maßstab dürfte der 67-Jährige allerdings selbst nicht mehr an die Urne treten. Denn sein Umgang mit dem demokratischen Gegenprotest bestand darin, zwei SPD-Politikerinnen ins Gesicht zu spucken und einen weiteren Demonstranten in die Wade zu beißen[4].
Bei aller berechtigten Empörung über den Polizeieinsatz dürfte der AfD die Diskussion in die Karten spielen, lenkt sie doch von diesen geradezu absurden Taten ihres gewaltbereiten Politikers ab. Die AfD schmückt sich gern damit, anders zu sein als die »Altparteien«. Stefan Hrydy hat mit seinem Überraschungsauftritt wieder gezeigt, was das bedeutet.