Eine schöne Sache: Die Labour Party mit Keir Starmer hat den britischen Konservativen die schlimmste Niederlage in ihrer Geschichte beschert. Da freut man sich wie über die Meisterschaft von Bayer Leverkusen nach der endlosen Bayern-Serie. Symbolisch ist das hoch besetzt, politisch hat es weniger Strahlkraft, mehr ein Gefühl als ein systemischer Neustart.
Als 1997 Tony Blair für Labour den Thatcherismus besiegte, war der Jubel ebenfalls groß. Margaret Thatcher hatte die Gewerkschaften fast zerschlagen und den Neoliberalismus implementiert. Dagegen war der bundesdeutsche Langzeitkanzler Helmut Kohl ein friedlicher Mann. Zusammen mit einem Freund, dem späteren Elektromusiker Ekkehard Ehlers[1], betrieb ich in Darmstadt jeden Sonntag eine Clubveranstaltung, bei der wir Platten für eine bessere Welt auflegten. Das nannte sich »Lounge Nouveau«. Als Blair gewonnen hatte, tapezierten wir den Raum mit den Titelseiten englischer Zeitungen, die seinen Wahlsieg verkündeten, und hissten eine rote Fahne.
Wir spielten klassische Anti-Thatcher-Songs wie »Kick Out The Tories« von den Newtown Neurotics, »Margaret On The Guillotine« von Morrissey[2], linke Bands wie Redskins, Specials, Jam und natürlich auch Attila the Stockbroker[3] und dazwischen immer wieder ein Drum-and-Bass-Stück, das war damals die Musik der Stunde aus UK. Dazu servierten wir zur Feier des Tages kostenlose Gurkensandwiches und Whisky-Shots. Die Stimmung war sehr gut.
Am Montag kam eine Band vom Londoner Ninja-Tune-Label (welche, habe ich vergessen) für ein Konzert in den Club und wunderte sich über die übrig gebliebenen Labour-Schlagzeilen an den Wänden und die rote Fahne, denn für sie war klar: Tony Blairs neue Regierung hatte mit Sozialismus nichts zu schaffen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183518.grossbritannien-nach-labour-sieg-kick-out-the-tories.html