Geht es um eine bessere Welt, eine, in der nicht nur die Stimmen der Vielen gleichberechtigt Platz finden, sondern in der es allen Menschen gut geht, kommt man am geschriebenen Wort nicht vorbei. Im Journalismus und in der Literatur gibt es dabei ähnliche Probleme: Wo findet diese bessere Welt statt – und zu welchen Bedingungen?
Es zeigt sich, will man für eine bessere Welt schreiben, ist auf die Großen kein Verlass. Das gilt für Journalismus und Buchbranche gleichermaßen. Klar, hier und da finden sich progressive Gedanken im Blätterwald des Bürgertums und in den Büchern, die von Konzernverlagen verlegt werden – man denke an die bei Suhrkamp erschienenen Autor*innen Frantz Fanon, Peter Weiss oder Judith Butler –, aber in dem Verdacht, ernstlich auf eine andere, bessere Welt hinzuarbeiten, stehen die an Aktiengesellschaften und Medienimperien angeschlossenen Verlage nicht.
Nicht nur »nd«[1], Junge Welt [2]oder das feministische Missy Magazin[3] sind akut bedroht, Ähnliches gibt es auch vom Buchmarkt zu vermelden. Der jüngste Hilferuf[4] kommt vom Verlag Edition Nautilus aus Hamburg. Das Verlagskollektiv schreibt: »Die letzten Monate waren eine besonders harte Durststrecke, und nun will das Herbstprogramm gedruckt werden. Wie üblich bedeutet VERlegen in diesem Moment VORlegen – es stehen jetzt hohe Ausgaben an, die aber erst in einigen Monaten Geld in die Kasse bringen, im besten Fall.«
Die Gründe dafür sind vielfältig: Höhere Produktionskosten durch die Energiekrise, gestiegene Papierpreise, weniger Öffentlichkeit für Bücher in den Medien und die rückläufige Entwicklung von Buchverkäufen drücken auf den Buchmarkt im Allgemeinen. Dazu findet im Buchhandel eine Konzentration statt. Immer wenige Verlage erwirtschaften immer mehr Prozente vom Gesamtumsatz des Buchhandels. Großverlage mieten ganze Regalmeter in Buchläden, um ihre Ware prominent zu platzieren. Kleine Verlage mit emanzipatorischer und widerständiger Literatur können da nicht mithalten.
Im Programm von Nautilus finden sich Klassiker wie »Das Recht auf Stadt«, die Manifeste »Der kommende Aufstand« und »An unsere Freunde« vom linksradikalen Unsichtbaren Komitee und das unbedingt lesenswerte »Auf uns gestellt« von Autor D Hunter, das von Solidarität und Überleben in Englands Armutsklasse handelt. Linke Verlage wie Nautilus sind Archive des Widerstands. Ihre Bücher und Autor*innen fördern ein Bewusstsein für Gegengeschichte, und manchmal zeigen sie auf, wie eine befreite Gesellschaft von unten auszusehen vermag.
Während der Journalismus und die Literatur der Mitte häufig von potenten Multimillionär*innen finanziert werden, die der Form halber links blinken, während sie rechts überholen, berufen sich Journalismus und Literatur von links per definitionem auf einen Ort jenseits der Macht. So richtig es ist, sich die politische Unabhängigkeit zu bewahren, so sehr bedroht das die ökonomischen Grundlagen. Für eine starke publizistische Linke brauch es daher eine Leser*innenschaft, die den Nutzen in Literatur und Journalismus von unten sieht. Mit anderen Worten: Kaufen Sie Bücher linker Verlage, unterstützen Sie linken Journalismus – bevor es beides nicht mehr gibt.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184422.linke-verlage-archive-des-widerstands.html