In Deutschland mangelt es an Beteiligungsrechten für Kinder und Jugendliche, wie eine Studie des Deutschen Kinderhilfswerks aufzeigt. Das Kinderhilfswerk fordert deswegen die Verankerung von Kinderrechten und damit einhergehend von Beteiligungsrechten im Grundgesetz und in den Verfassungen der Bundesländer.
»Kinder und Jugendliche werden durch frühe Beteiligungserfahrungen in ihren sozialen Kompetenzen gefördert, gleichzeitig leistet frühe Beteiligung von Kindern einen fundamentalen Beitrag zur langfristigen Stärkung unserer Demokratie«, begründet Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, den Einsatz der NGO.
Die Studie des Kinderhilfswerks beruht auf dem sogenannten »Kindheit-Teilhabe-Bewertungswerkzeug« des Europarats. Es testet Teilhabe anhand von zehn Indikatoren. Dabei geht es unter anderem um den juristischen Schutz von Kinderrechten, Mechanismen, die es Kindern ermöglichen, ihre Rechte wahrzunehmen, Informationsweitergabe, Vertretung und Monitoring.
Die Forderung nach einer Verankerung des Kinderrechts auf Teilhabe im Grundgesetz ist nicht neu, aber schwer umsetzbar. Immerhin müssten dem mindestens zwei Drittel der Bundestagsabgeordneten zustimmen, und damit auch die Opposition. Die CDU ist dem Vorhaben gegenüber eher abgeneigt. Sie fürchtet eine »Schwächung der Familien« und Verlagerung von Kompetenzen an den Staat. Innerhalb der Regierung hat das Thema vor allem Ekin Deligöz von den Grünen auf der Agenda. Sie war für »nd« aus Urlaubsgründen nicht erreichbar.
Die Fraktion Die Linke fordert seit Jahren, die Rechte von Kindern und Jugendlichen im Grundgesetz festzusetzen. Zudem verlangte sie, das Amt eines unabhängigen Bundeskinderbeauftragten in die Verfassung aufzunehmen.
Kolja Fuchslocher von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kindheit und Jugend (BAG) der Gruppe Die Linke im Bundestag sieht darin aber »kein Allheilmittel«, wie er gegenüber »nd« erklärt. »Es kommt auf die genaue Formulierung aber noch viel mehr auf die materielle Unterfütterung an«, sagt Fuchslocher. Diesbezüglich erwarte sich Die Linke von der Bundesregierung jedoch nichts. Der aktuelle Sparkurs in Bund, Ländern und Kommunen habe gegenteilige Auswirkungen auf die Lebensbedingungen junger Menschen.
Die Ampel stützt sich in Sachen Beteiligung vor allem auf den Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung des grünen Familien- und Jugendministeriums. Darin sind zwei konkrete Schritte für Teilhabe angedacht. Erstens die Fortführung der Jugendstudie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, die »im Gegensatz zu traditionellen Erhebungen durchgängig von der Zielgruppe selbst begleitet und aktiv mitgestaltet« werde.
Zweitens die Stärkung von Kinder- und Jugendparlamenten. Die 500 Kinder- und Jugendparlamente und 300 Jugendforen würden durch »Sichtbarmachung, Wertschätzung sowie durch konkrete Unterstützungsangebote« gestärkt, steht im Aktionsplan.
Frederik Schweiger, ebenfalls vom BAG Kinder und Jugend der Gruppe Die Linke, kritisiert die Teilhabepolitik der Ampel: »Politik und Verwaltung haben ein Interesse daran, Beteiligung zu inszenieren, um ihren Entscheidungen eine breitere Legitimation zu verschaffen. Das lehnen wir ab.«
Bei den meisten Angeboten würden Kinder der Mittelschicht beteiligt, führt Schweiger weiter aus. Deswegen müsse die öffentliche Daseinsvorsorge gestärkt werden, zum Beispiel durch gut ausgestattete Jugendclubs. Aktuell sorge sich die Gruppe Die Linke um die Schließung derselben.[2] Darüber hinaus ginge es vor allem um die Bekämpfung von Kinderarmut, da Armut ausgrenze.
»Mehr Kinder aus der Armut holen« war das erklärte Ziel der grünen Kindergrundsicherung.[3] Nach drei Koalitionsjahren sind von den ursprünglich für die Sozialreform geplanten zwölf Milliarden Euro pro Jahr noch 2,4 Milliarden übrig[4], die Kindergrundsicherung gleicht inzwischen eher einem Entbürokratisierungsprojekt.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184501.kinderrechte-sie-wollen-doch-nur-mitspielen.html