Ein weiteres Opfer der Globalisierung: Der Namenswettbewerb für das im Juni im Berliner Zoo geborene Zwergflusspferd endet enttäuschend. Aus mehr als 20 000 eingegangenen Vorschlägen wählte die Zooleitung gezielt den ödesten aus. »Toni« soll das pummelige Mini-Flusspferd, dessen Aventüren die Hauptstadtpresse seit Monaten in Atem halten, künftig heißen. Dem Berliner Lokalkolorit verpflichtete Vorschläge wie »Knöllchen«, »Görli« oder der Redaktionsfavorit »Schnuppe« zogen den Kürzeren.
Schuld ist, natürlich, der Kapitalismus: »Anhand der enormen Fangemeinde in den sozialen Medien zeichnete sich schnell ab, dass unser Mini-Hippo gerade zu einem echten Weltstar wird«, begründet Zoodirektor Andreas Knieriem[1] den Schicksalsschlag für die junge Flusspferd-Dame, die gerade erst einen Beckenbruch überstehen[2] musste. »Dieser Entwicklung wollen wir mit einem Namen Rechnung tragen, der auch außerhalb Berlins gut funktioniert.« Der internationalen Vermarktbarkeit wegen muss sich Berlins knuffigste Bewohnerin also einen Namen mit zahlreichen Pizza-Buden teilen.
Konsequenterweise müssten nun auch andere Berliner sprachliche Eigenheiten auf den Prüfstand: »Kotti«, der liebevoll gehegte Spitzname für das Kottbusser Tor, etwa klingt schnodderig, ungehobelt – und so gar nicht international markttauglich. Besser wäre »Kreuzberg Urban Center«. Und auch der letzte Kinderstar im Zoo, der 2011 verstorbene Eisbär »Knut«, sollte besser posthum in »Curtis« umgetauft werden.
»Toni« selbst leistet Widerstand gegen den ihr aufgezwungenen Namen: Auf einem Video des Zoos ist zu sehen, wie das Flusspferd mit arttypischer Grazilität immer wieder Holzbuchstaben umwirft, mit denen windige Zoomitarbeiter den neuen Namen buchstabiert haben. Derartige PR-Inszenierungen scheinen ihr zuwider. The kids are alright.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184509.meine-sicht-berlin-kein-flusspferd-muss-toni-heissen.html