Auf den ersten Blick könnte man vielleicht denken, bei der Kampagne »Schule satt« handele es sich um eine Kampagne für die Schulverweigerung. Doch »Schule satt«[1] ist eine Volksinitiative der Linken für kostenloses Mittagessen für alle Grundschüler im Land Brandenburg. Am Mittwoch präsentierte diese der Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) mehr als 27 000 Unterschriften. Vorausgesetzt, dass mehr als 20 000 davon gültig sind, wäre damit das erforderliche Quorum erreicht.
Leider aber gibt es vor der Landtagswahl am 22. September nun keine Parlamentssitzung mehr, in der über dieses Anliegen beraten und abgestimmt werden könnte. Offen bleibt, ob sich ein neuer Landtag überhaupt mit dieser Volksinitiative beschäftigen will oder ob es einfach unter den Tisch fällt.
»Es muss Schluss damit sein, dass Kinder anderen Kindern beim Essen zuschauen müssen, weil die Eltern den Preis für ein Mittagessen nicht mehr finanzieren können.«
Kathrin Dannenberg Linke-Landtagsabgeordnete
»Wir erwarten, dass sich der neue Landtag ernsthaft mit der Mittagsversorgung unserer Kinder beschäftigt«, sagte die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg (Linke). »Es muss Schluss damit sein, dass Kinder anderen Kindern beim Essen [2]zuschauen müssen, weil die Eltern den Preis für ein Mittagessen nicht mehr finanzieren können. Mit Hunger kann man nicht lernen.« Die Linke hatte die Volksinitiative gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Eltern gestartet.
»Durch die hohe Inflation der letzten Jahre gerieten viele Eltern finanziell an ihre Grenzen«, sagte Andreas Kaczynski vom Paritätischen Landesverband. »Eine sichtbare Konsequenz: Immer mehr Abmeldungen beim Mittagessen in Kita und Schule.« Kaczynski fügte hinzu: »Ein abgepacktes Schokobrötchen ersetzt kein gesundes, warmes Essen.«
Nach Meinung von Günther Fuchs, dem Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sind die Abgeordneten des neuen Landtags »jetzt gefordert, die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten«. Auch Katharina Slania, die nicht nur Linke-Landesvorsitzende ist, sondern auch Verbandsratsvorsitzende der Volkssolidarität, sprach sich dafür aus, die Regierung bezüglich des kostenlosen Mittagessens »in die Pflicht zu nehmen«.
Den für die Volksinitiative in einem Aktionsbündnis vereinten Organisationen kam es darauf an, vor dem Ende der Legislaturperiode bei einem für sie wichtigen Thema noch einmal Dampf zu machen. Seit sie vor knapp einem Jahr die Volksinitiative gestartet haben, ist die Lage beim Schulessen [3]in Brandenburg noch schwieriger geworden. Die Preise dafür sind erneut gestiegen, nicht zuletzt, weil die Bundesregierung nach dem Abflauen der Corona-Pandemie den Mehrwertsteuersatz für das Schulessen wieder auf 19 Prozent heraufgesetzt hatte. Angesichts leerer Kassen sinkt die Bereitschaft der Kommunen, an dieser Stelle finanzielle Beiträge zu leisten. Daher möchte die Volksinitiative das Land in die Finanzierung einbinden und ihm abverlangen, die notwendigen Zuschüsse zu garantieren. Ziel ist ein grundsätzlich kostenloses Mittagessen für alle Schüler von der 1. bis zur 6. Klasse.
Kurz vor den Sommerferien hatte Die Linke mit einer Aktionswoche noch einmal auf dieses Anliegen aufmerksam gemacht – bezeichnenderweise in einer Zeit, in der selbst die bisherige Unterstützung für das Schulessen infrage gestellt wurde. Es müssen einer Umfrage zufolge pro Kind und Tag zwischen fünf und sechs Euro berappt werden. Für viele Eltern könnte das ein Grund sein, ihr Kind aus der Essensversorgung zu nehmen. Während Kinder aus armen Haushalten weiter mit Stützung rechnen können, trifft eine Subventionsstreichung vor allem die Mittelschichten, die über ein Einkommen verfügen, das ihren Kindern die kostenlose Essensteilnahme derzeit nicht gestattet.
Die Stadt Potsdam hatte zunächst gezögert, dann aber doch den Beitrag zum täglichen Schulessen bei 3,80 Euro belassen. Die erforderlichen 1,8 Millionen Euro für diese sozialpolitische Maßnahme sind auch für das neue Schuljahr zugesagt worden.
Rund 100 Millionen Euro würde es kosten, das Schulessen in Brandenburg grundsätzlich kostenfrei zu stellen, hat Die Linke vorgerechnet.