Ihr Fall sorgt derzeit international für Schlagzeilen: Gisèle Pelicot wurde über neun Jahre lang von ihrem Ehemann mit einem Schlafmittel betäubt und von ihm und anderen, von ihm dazu eingeladenen Männern vergewaltigt[1]. Die 72-Jährige erfuhr das nur, weil der Mann wegen eines anderen Vergehens ins Visier der Justiz geriet und die Ermittler auf Tausende Fotos und Videos von Vergewaltigungen der offensichtlich bewusstlosen Frau[2] stießen, anhand derer sie auch 50 Mittäter identifizieren konnten.
Pelicot sagt in einem vor zwei Wochen im südfranzösischen Avignon begonnenen Prozess öffentlich aus. Das ist für sie zweifellos retraumatisierend. Doch sie nimmt das bewusst auf sich. Denn sie wolle, »dass die Scham die Seiten wechselt«, und dadurch andere Betroffene ermutigen, sagte sie.
Die gibt es auch konkret im Zusammenhang mit dem Prozess. Denn als am Mittwoch der erste Mitangeklagte aussagte, gab er zu, er habe sich durch die Taten von Dominique Pelicot zur Nachahmung animiert gefühlt und »es« mit seiner eigenen Ehefrau ausprobiert – unter dessen »Anweisung« und Beteiligung.
Gisèle Pelicot war am Mittwoch wiederum mit Aussagen einiger Mitangeklagter konfrontiert, die sich überzeugt gaben, lediglich an Sexspielen eines freizügigen Paares teilgenommen zu haben. »Seit ich diesen Gerichtssaal betreten habe, habe ich mich erniedrigt gefühlt«, sagte Pelicot dazu. »Man hat mich als Alkoholikerin bezeichnet und behauptet, ich sei betrunken gewesen und damit eine Komplizin von Herrn Pelicot.« Aber, stellte sie klar: »Eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung.«
Wegen ihres Mutes wird Pelicot inzwischen in ganz Frankreich verehrt. So gingen vor einer Woche Tausende in mehreren Städten auf die Straße und zeigten ihre Solidarität mit Pelicot und anderen Betroffenen.