Der iranische Präsident Massud Peseschkian dürfte nicht ganz falsch liegen mit seiner Einschätzung, dass Israel den Iran zu einer militärischen Reaktion provozieren[1] will. Das könnte tatsächlich der tiefere Grund für die Eskalation im Libanon sein: die massiven Bombardements der israelischen Armee als Vorbereitung einer Bodenoffensive.[2]
Ziel einer Invasion in den Süden des Libanons[3] wäre, die Hisbollah-Kämpfer hinter den Litani-Fluss zurückzudrängen, um das Risiko von Raketenbeschuss zu minimieren. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat versprochen, die vor dem Hisbollah-Beschuss geflohenen israelischen Bewohner in ihre Häuser zurückzubringen. Und die Hisbollah so weit militärisch zu schwächen[4], dass sie keine Gefahr mehr darstellt.
Doch wie realistisch ist das? Schätzungen über das Hisbollah-Waffenarsenal variieren, häufig ist die Rede von 100 000 Raketen, aber niemand kann dies genau sagen. Dabei könnte der Konflikt viel schneller beendet werden: durch einen Waffenstillstand im Gazastreifen. Enden dort die Kämpfe, zeigt sich auch die Hisbollah kompromissbereit, ihre Angriffe einzustellen. Aber Netanjahu will den Gaza-Krieg bis zum Sieg führen[5], die Hamas vernichten[6].
Israels Armee ist für eine Bodenoffensive besser gerüstet. Die Hisbollah würde schwere Verluste an Menschenleben hinnehmen[7], und der Iran sähe sich womöglich in der Pflicht, dem Verbündeten zu helfen. Dann hätten wir den regionalen Krieg[8], und Israels Regierung könnte triumphierend gegen den Iran zurückschlagen – der Showdown, auf den Netanjahu seit Jahren hinarbeitet. Derzeit sieht es zwar so aus, als wollten die Iraner nicht in diese Falle tappen, aber das Risiko bleibt.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1185522.naher-osten-riskante-provokation-im-libanon.html