Zehn Stolpersteine erinnerten auf den Gehwegen und Plätzen in Zeitz an das Schicksal von Juden, die zur NS-Zeit deportiert, entrechtet und ermordet wurden. Am Montag, genau ein Jahr nach dem schlimmsten Pogrom an Juden seit dem Holocaust[1], dann der Schock: Alle mit Messing überzogenen Pflastersteine[2] wurden gestohlen. Neben der Bürgermeisterin erstattete auch die Initiative Stolpersteine für Zeitz Anzeige, so ein Sprecher der Stadt. Da ein antisemitischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne, habe zudem der Staatsschutz Ermittlungen aufgenommen, heißt es von der Polizei. Hinweise auf Tatverdächtige gebe es bislang noch keine.
Der Landrat des Burgenlandkreises Götz Ulrich (CDU) bezeichnete die Tat als »unverzeihlich und niemals zu entschuldigen«. Wer Stolpersteine aus dem Boden reiße, wolle auch den Holocaust aus der Erinnerungskultur herausreißen. Für Eva von Angern, Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt[3], ist das Herausreißen der Stolpersteine »nicht irgendein Diebstahl, sondern eine abscheuliche Tat, die vor Geschichtsvergessenheit nur so strotzt«. Der zeitliche Zusammenhang mit dem 7. Oktober zeige deutlich, dass Antisemitismus auch in Sachsen-Anhalt als großes Problem wahrgenommen werden müsse.
Die Initiative Stolpersteine für Zeitz reagierte mit der Ankündigung eines Stadtrundgangs »zu den Orten der herausgebrochenen Steine« am 19. Oktober. Pascal Begrich, der Vorsitzende des Vereins Miteinander e.V., veröffentlichte auf X digitale Versionen der Gedenksteine für die zehn Opfer des Nationalsozialismus.
Nachdem sich die Initiative Stolpersteine für Zeitz im Jahr 2006 gegründet hatte, verlegte der Künstler und Initiator des Stolpersteine-Projekts, Gunter Demnig, 2007 die ersten Steine in der Stadt. Weltweit wurden laut Demnig in 32 Ländern bisher rund 112 000 Stolpersteine verlegt. Damit gilt das Projekt als größtes dezentrales Mahnmal der Welt.
Zum Diebstahl kommt es indes immer wieder. Gestohlen wurden laut Demnig bislang etwa 900 Steine. Bisherige Taten hätten sich aber eher um das Gedenken an die Pogromnacht am 9. November ereignet. Für den Künstler ist auch der zeitliche Zusammenhang zum Gedenken an das Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober eindeutig. Die gestohlenen Stolpersteine sollen nun schnellstmöglich ersetzt und neu verlegt werden. Dafür hat der Burgenlandkreis ein Spendenkonto eingerichtet[4].