Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährliche Körperverletzung, versuchter Mord: Es sind heftige Vorwürfe, die die Bundesanwaltschaft gegen die 29-jährige Hanna S.[1] erhebt. Am Dienstag machte der Generalbundesanwalt die Anklage öffentlich, vorgebracht wurde sie allerdings bereits am 20. September.
Demnach soll Hanna S. Teil einer Gruppe gewesen sein, die im Februar 2023 anlässlich des als »Tag der Ehre« bekannten[2] Neonazi-Aufmarsches in Budapest mindestens fünf Angriffe verübt habe. S. selbst soll sich an zwei Überfällen auf insgesamt drei Menschen beteiligt haben, etwa indem sie die Beine und Arme einer Person festhielt, während andere auf Kopf und Oberkörper einschlugen.
Der Anwalt von Hanna S., Yunus Ziyal, sprach von einer »überdrehten und eskalativen Anklage«[3]. Eine »Auseinandersetzung mit Neonazis« als versuchten Mord einzustufen, spreche nicht für eine nüchterne juristische Prüfung der Geschehnisse seitens der GBA. So habe der Bundesgerichtshof es seinerzeit abgelehnt, den Haftbefehl auch wegen versuchten Mordes zu erlassen, sondern sich stattdessen auf die beiden anderen Vorwürfe – gefährliche Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung – beschränkt.
Offen bleibt derweil, ob bei der zuständigen Oberstaatsanwaltschaft Bamberg ein Auslieferungsersuchen aus Ungarn vorliegt; weder die Staatsanwaltschaft Bamberg noch die Budapester Behörde haben bis Redaktionsschluss auf eine Anfrage des »nd« reagiert. Die Sorgen kommen nicht von ungefähr: Anfang Juli wurde Maja T., ebenfalls im Budapest-Komplex angeklagt, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Ungarn gebracht: Am Vormittag der Auslieferung entschied das Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren, dass diese ausgesetzt werden müsse – allerdings war T. zu diesem Zeitpunkt bereits von Behörden in Österreich an Kollegen in Ungarn übergeben worden.
Die Haftbedingungen in Ungarn wurden vielfach als menschenunwürdig kritisiert. Das Kammergericht Berlin, das die Auslieferung von Maja T. für zulässig erklärt hatte, bezeichnete die Politik der aktuellen Regierung in Budapest als »gender-, homo- und transfeindlich[4]«. Ausgerechnet Italien geht deshalb einen anderen Weg: Aufgrund des ungerechten Prozesses und der Haftbedingungen hat die dortige Justiz im Juni ein Auslieferungsersuchen gegen einen italienischen Staatsangehörigen zurückgewiesen[5]. mit dpa