Die Zahlen klingen gut und ändern doch nichts am Frust Berliner Erzieher*innen[1], die gerne streiken würden, aber nicht dürfen. Im aktuellen Kita-Entwicklungsbericht zieht die Bildungsverwaltung Bilanz für den Zeitraum von 2019 bis 2023. Demnach verfügt Berlin insgesamt über mehr Kita-Plätze und einen verbesserten Betreuungsschlüssel und das, während immer mehr Kinder in den Einrichtungen unterkommen.
Möglich macht das der demografische Wandel in der Hauptstadt: Um 3,1 Prozent ist die Zahl der Kinder unter sieben Jahren seit 2019 gesunken, wie Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) nach der Senatssitzung am Dienstag mitteilt. Berlinweit seien im vergangenen Jahr rund 169 900 Kinder in Betreuung gewesen, 2800 weniger als im Jahr zuvor. Zugleich befanden sich dem Bericht zufolge 71,6 Prozent aller Kinder unter sechs Ende 2023 in Betreuung – ein Zuwachs um 2,9 Prozent.
Zudem verfügt ganz Berlin laut Bildungssenatorin über mehr als 197 300 Kita-Plätze. »Das ist so viel wie noch nie. Das war aber auch Sinn und Zweck des Kita-Ausbauprogramms«, sagt Günther-Wünsch. In immer mehr Kiezen seien genügend Plätze vorhanden, um das Wahlrecht der Eltern zu gewährleisten. Bei rund 15 800 freien Plätzen in der gesamten Stadt unterscheide sich die Situation von Kiez zu Kiez allerdings deutlich: »Ich denke, Sie werden mir alle recht geben, wenn ich sage, dass es keinem Kind aus Marzahn-Hellersdorf hilft, wenn in Rudow oder Buckow ein Kita-Platz frei ist.« Während mancherorts die Wartelisten länger und länger würden, suche man anderswo händeringend nach Kindern.
Die Zahl der pädagogischen Fachkräfte hat sich laut Kita-Entwicklungsbericht seit 2019 um rund 3600 auf insgesamt 36 200 Stellen erhöht. Zugleich macht der jüngst durch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg untersagte Streik an den Kita-Eigenbetrieben[2] deutlich, dass Unzufriedenheit unter Berliner Erzieher*innen herrscht. Die Bildungssenatorin signalisiert am Dienstag erneut Gesprächsbereitschaft mit Verdi und der Bildungsgewerkschaft GEW. »Die Situation hat sich für mich nicht erledigt«, sagt Günther-Wünsch. Bisher habe jedoch noch keine Kontaktaufnahme der Gewerkschaften stattgefunden.
Nichtsdestotrotz stellt die CDU-Politikerin einen runden Tisch in Aussicht. Um die Lage an unter Druck stehenden Kitas zu verbessern, wolle sie »mit allen beteiligten Akteuren« ins Gespräch kommen. Erzieher*innen, Kita-Leitungen, Bezirksstadträt*innen und auch Gewerkschaften müssten gemeinsam nach Entlastungsmechanismen suchen. »Das sind Sachen, die sind bürokratisch«, ergänzt Günther-Wünsch. Als möglichen Ansatzpunkt nennt sie die Personalzusammensetzung. Nach wie vor gebe es im Kita-Bereich vergleichsweise strenge Restriktionen, was potenzielle Quereinsteiger*innen betreffe.
Die Forderung von Verdi[3] nach einem Personalschlüssel von eins zu drei weist Günther-Wünsch zurück: »Ich sage nicht, dass ich ihn pädagogisch nicht nachvollziehen kann.« Eine Umsetzung sei jedoch unrealistisch und »einfach nicht seriös«:. Tausende neue Fachkräfte, über die Berlin nicht verfüge, müssten hierfür in nur wenigen Monaten aufgetrieben werden. Der derzeitige Schlüssel sieht maximal fünf Kinder pro Erzieher*in vor.