Vieles ist noch unklar und es wird eine Weile dauern, bis die Geschehnisse von Donnerstagnacht in Amsterdam aufgearbeitet sind. Aber eines ist gewiss: Die Hetzjagden und brutalen Übergriffe[1] auf vermeintliche oder tatsächliche Fans des israelischen Fußballklubs Maccabi Tel Aviv sind antisemitische Gewalt.
Sie traf die niederländische Gesellschaft nicht unerwartet, wurde doch schon seit Tagen davor gewarnt. Vor dem Fußballspiel hatte die antizionistische BDS-Kampagne dagegen mobilisiert. Es sei, so hieß es, nicht auszuschließen, dass unter den Fans welche seien, die sich im Gazastreifen Menschenrechtsverbrechen schuldig gemacht hätten. Ein Freibrief, der von den Männern verstanden wurde, die unter den Rufen antizionistischer und teils offen antisemitischer Parolen ihren Opfern auflauerten, sie jagten und unterschiedslos verprügelten. Im Zweifel treffe die Selbstjustiz wohl die Richtigen; so funktioniert das antisemitische »Gerücht über die Juden«. Mit legitimer Kritik an Menschenrechtsverletzungen durch die IDF im Gazastreifen hat das nichts zu tun, und so bestätigen die Angriffe erneut, dass »Israel« und »der Zionismus« zu Chiffren der antisemitischen Umwegkommunikation geworden sind.
Dass die Gewalt durch extrem rechte Politiker für ihre rassistische Hetze gegen Araber und Muslime instrumentalisiert wird, ist ebenso zu kritisieren wie antiarabische Gesänge von Fans von Maccabi Tel Aviv im Vorfeld des Spiels. Ein Teil der Anhänger hat laut Medienberichten auch selbst die gewalttätige Auseinandersetzung in der Stadt gesucht. Wer aber damit die antisemitischen Angriffe relativiert oder gar rechtfertigt, mag an vielem interessiert sein, nur nicht am Kampf gegen Antisemitismus auf den Straßen Europas.
Anmerkung: Der Kommentar wurde am Montag aktualisiert, nachdem niederländische Medien am Wochenende über neues Video-Material berichtet hatten, wonach ein Teil der Maccabi Tel Aviv-Anhänger jedenfalls nach dem Spiel in der Stadt bewaffnet die Auseinandersetzung suchte. Die genauen Umstände dieser Taten sind bislang nicht rekonstruiert. Die Amsterdamer Polizei wertet das zusätzliche Material derzeit aus.