»Wenn ich nicht glauben würde, dass es möglich ist, in Brandenburg noch mal über fünf Prozent zu kommen und auch bundesweit[1], dann hätte ich mich nicht noch einmal zur Verfügung gestellt«, sagt der Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke)[2] am Montag. In den Bundestag eingezogen ist der heute 62-Jährige 2021. Ob er bei der Bundestagswahl im September 2025 wieder antreten möchte, hätte er sich noch ein paar Wochen in Ruhe überlegen können. Da der Wahltermin auf den 23. Februar vorgezogen[3] wird, war eine schnelle Entscheidung gefragt. Görke hat sich entschieden, es noch einmal zu versuchen.
Eine bessere Lösung ist für Die Linke derzeit schwer vorstellbar. In drei Monaten könnte sich kein Neuling in der Bevölkerung bekannt machen. Christian Görke ist den Brandenburgern aus 20 Jahren als Landtags- und Bundestagsabgeordneter sowie als Brandenburger Finanzminister ein Begriff.
Aus seiner Erfahrung heraus kann Görke einschätzen, was das vorzeitige Aus der Koalition aus SPD, Grünen und FDP und die damit ab 1. Januar drohende vorläufige Haushaltsführung bedeutet. Görke erläutert es am Montag an Beispielen aus Brandenburg. Die Bahnstrecke Berlin–Hamburg soll generalsaniert und dafür von August 2025 bis April 2026 voll gesperrt werden – ein Ärgernis für rund 40 000 Brandenburger, die zur Arbeit nach Berlin oder Hamburg pendeln. 7,8 Millionen Euro pro Kilometer koste die Baumaßnahme, berichtet Görke. Durch einen Haushaltsvorbehalt, bei dem nur bereits begonnene Bauprojekte weitergeführt werden dürfen, könnte sich die Sanierung hinauszögern oder vorläufig abgesagt werden.
»Ungemach« schwant Görke auch für den durchgängig zweigleisigen Ausbau der Strecke Berlin–Cottbus[4]. Er kann sich jetzt nicht mehr vorstellen, dass dies bis 2027 gelingt. Das wäre zum Schaden für den Strukturwandel im Lausitzer Braunkohlerevier. Fatal wäre auch, wenn jetzt im Bundestag das Kraftwerkssicherungsgesetz nicht mehr aufgerufen werde. Es sei erforderlich für Gaskraftwerke in Jänschwalde und Schwarze Pumpe, die so gebaut werden sollen, dass sie später klimaneutral mit Wasserstoff betrieben werden können. »Kommt das Gesetz nicht noch im Dezember, gibt es keine Ausschreibung und das ist ein massiver Rückschlag für den Strukturwandel«, sagt Görke. Dann könne man den Kohleausstieg im Jahr 2030 vergessen, von dem die Grünen träumen[5].
Die Deutsche Bahn AG bemüht sich derweil, Zweifel zu zerstreuen. Die Generalsanierung der Strecke Berlin–Hamburg werde wie geplant fortgesetzt.