Bei den Diskussionen zum Nahost-Konflikt ist die politische Einfallslosigkeit bestürzend. Meistens geht es um die Erzeugung von Atmosphäre statt Austausch: ein emotionaler, vorpolitischer Zustand, bei dem keinerlei Kommunikation zustande kommt.
So auch beim Eklat um die Rede der US-Fotografin Nan Goldin[1] bei ihrer Ausstellung. Goldin, die einer jüdischen Familie entstammt, fühlte sich durch die israelische Kriegsführung in Gaza an Pogrome in Russland erinnert. Dies wurde von Kulturstaatsministerin Claudia Roth und anderen als »unerträglich einseitig« bezeichnet: Ende der Diskussion. Als Museumschef Klaus Biesenbach[2] sich davon distanzieren wollte, wurde er von propalästinsischen Aktivisten niedergebrüllt: Ende der Diskussion. Er konnte dann aber doch sprechen. Dafür fordert jetzt die »Welt« seinen Rücktritt: Ende der Diskussion.
Sind Goldins Fotos aus den Subkulturen der 80er Jahre jetzt weltpolitisiert? Kommt Kunst von Redenkönnen? Wer sich gegenseitig die Artikulationsfähigkeit abspricht, will es nicht herausfinden.