»Sie sehen mich heute sehr glücklich«, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwochmittag in Berlin. Kurz zuvor hatte das Bundeskabinett das Gewalthilfegesetz beschlossen. Dadurch sollen Frauen erstmals in Deutschland einen Rechtsanspruch auf den Schutz vor Gewalt geltend machen können. Das wiederum soll etwa mit einem massiven Ausbau von Frauenhausplätzen[1] sichergestellt werden.
Möglich geworden ist der Kabinettsbeschluss erst mit dem neuen Finanzminister Jörg Kukies (SPD). Sein Amtsvorgänger Christian Lindner (FDP) blockierte das Vorhaben, weil er sich an der zweiten Säule des Gesetzes störte: Demnach soll sich der Bund finanziell beteiligen, es geht um 2,6 Milliarden Euro über zehn Jahre verteilt[2]. Doch ein Kabinettsbeschluss macht noch kein Gesetz. Das Ausscheiden der FDP aus der Regierung ermöglichte zwar eine Einigung. Zugleich erschwert es eine Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag, denn dort fehlt den verbliebenen Regierungsparteien die Mehrheit.
»Es ist den Frauen völlig egal, wer in der Verantwortung ist. Frauen und ihre Kinder brauchen Hilfe.«
Lisa Paus Bundesfamilienministerin
Deshalb appelliert Paus nun vor allem an die Unionsfraktion: »Es ist den Frauen völlig egal, wer in der Verantwortung ist. Frauen und ihre Kinder brauchen Hilfe[3].« Von CDU und CSU kommen derweil widersprüchliche Signale: Mitte November brachte die Fraktion noch einen Antrag in den Bundestag ein, der sich in den wichtigsten Punkten mit dem Gesetzesvorhaben von Paus deckte. Darüber hat sich Paus »sehr gefreut« und meint: »Die CDU hat sich hinter die Forderungen gestellt«. Doch auch das bringt noch kein Gesetz auf den Weg. Denn gleichzeitig machen CDU/CSU klar, dem Gesetz nicht zustimmen zu wollen – zumindest nicht vor der Bundestagswahl im Februar. »Wir können unser Konzept gern in der nächsten Legislatur beschließen«, sagte die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher, dem »Spiegel«[4]. Ein Argument: Es bleibe bis zum Ende dieser Legislatur keine Zeit, das Gesetz im Bundestag zu beschließen und dann durch den Bundesrat zu bekommen.
Doch Paus hat einen Plan: Wird das Gesetz parallel durch Regierung und Parlament eingebracht, können dort die Beratungen bereits beginnen, während sich der Bundesrat wie gesetzlich erforderlich das erste Mal damit befasst. Bis zur Wahl tagt dieser nur noch zweimal. Der Bundesrat jedenfalls sei für das Gesetz, ist sich Paus sicher, denn die 2,6 Milliarden vom Bund seien ein »gutes Angebot an die Länder«. Eines, das es so bald nicht mehr geben dürfte.