Das Amtsgericht Erkelenz verhandelt am 22. Januar und 5. Februar gegen den mutmaßlichen »Mönch von Lützerath« wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Rund zwei Jahre zuvor, am Rande einer Großdemonstration gegen den Braunkohletagebau Garzweiler II und die Räumung des Braunkohledorfes Lützerath, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen der Klimabewegung mit der Polizei. Vermummte warfen Schlamm auf Einsatzkräfte, ein Demonstrant in Mönchskutte soll Beamt*innen in den Schlamm gestoßen haben. Die Taten dieses »Mud Wizzard« gingen weltweit viral, Videos der stolpernden Einsatzkräfte wurden hunderttausendfach geteilt, begleitet von Memes und Spielen.
Die Staatsanwaltschaft sieht den 29-jährigen Loïc S. aus Nancy als Täter. Diesen Sommer war ein erstes Verfahren gegen ihn von der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach wegen mangelndem Tatverdacht eingestellt worden[1], da ein Gutachten keine eindeutige Identifikation des Täters zuließ.
S. ist bekannt aus dem »Elbchaussee-Verfahren« nach dem Hamburger G20-Gipfel: Nachdem er einen Teil seiner Strafe wegen »psychologischer Beihilfe« zu Straftaten und »ostentativem Mitmarschieren« bei militanten Protesten in Deutschland abgesessen hatte und sich in ein Gefängnis nach Frankreich verlegen ließ, ordnete ein dortiges Gericht seine Freilassung an[2]. Für seine meist spektakulären Protestaktionen nutzt S. seine mediale Präsenz offensiv und schreibt anschließend Poesie oder Texte in sozialen Netzwerken und Medien.
Im aktuellen Verfahren ziehen Ermittler*innen Parallelen zu solchen früheren Aktionen. Eine Mönchsgestalt tauchte etwa mehrfach bei Umweltprotesten in Frankreich auf: 2018 »taufte« ein Aktivist Polizist*innen während der Räumungen der besetzten Flughafenbaustelle von Notre-Dame-des-Landes mit Wasserkübeln. Bei Protesten gegen Wasserprivatisierung in Sainte-Soline[3] besprühte ein Demonstrant ein brennendes Gendarmerie-Fahrzeug mit Parolen wie »ACAB« und »Mud Wizzard«. Das führte 2023 zu einer Verurteilung von S. zum Tragen einer Fußfessel, teilweisem Hausarrest und einem Aufenthaltsverbot im Département Deux-Sèvres.
Schon der Widerstand gegen den deutschen Tagebau Hambach hatte in den 2010er Jahren internationale Aufmerksamkeit erregt. Mit bis zu 35 000 Teilnehmer*innen[4] zählte der Umweltprotest gegen den Braunkohleabbau in Lützerath Anfang 2023 zu den größten der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Die Prozesse, die sich aus diesen Konflikten ergeben, dürften die rheinischen Gerichte noch länger beschäftigen. Anders als vermutlich der Prozess gegen den »Mönch von Lützerath« finden viele Fälle aber kaum mediale Beachtung.