Die internationale medizinische und humanitäre Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen, MSF) stellt den Betrieb ihres Rettungsschiffes »Geo Barents«, das seit Juni 2021 im Mittelmeer im Einsatz war, ein. Das teilte die Organisation am Freitag in einer Pressemitteilung mit. Italienische Gesetze und Politiken[1] hätten es unmöglich gemacht, mit der gegenwärtigen Praxis von Such- und Rettungsaktivitäten fortzufahren. MSF verspricht aber, zurückzukehren. Die Organisation ist dazu auf der Suche nach einem kleineren Schiff.
Die 80 Meter lange »Geo Barents«, ursprünglich für die Forschung gebaut, war das größte Schiff privater Hilfsorganisationen im Mittelmeer. In über dreieinhalb Jahren Einsatz hat sie laut MSF mehr als 12 000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet. Die Arbeit der Organisation wurde jedoch durch die italienische Rechtsregierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni massiv behindert. Seit Anfang 2023 war das Schiff durch Erlasse italienischer Behörden insgesamt 160 Tage lang in Häfen festgesetzt worden[2]. Die erzwungenen Liegezeiten sorgten für hohe Folgekosten.
Die italienischen Behörden haben mit dem sogenannten Piantedosi-Erlass, der Anfang 2023 eingeführt wurde, die Arbeit humanitärer Rettungsschiffe erheblich erschwert. Dieses Gesetz ermöglicht es den Behörden, Rettungsschiffe schneller zu beschlagnahmen. Zudem werden ihnen oft entfernte Häfen in Norditalien zugewiesen, um Gerettete an Land zu bringen.
Die Schiffe fehlten dann andernorts, um in Seenot geratene Menschen an Bord zu nehmen. So musste die »Geo Barents« im Juni 2023 beispielsweise über 1000 Kilometer nach La Spezia fahren, um nur 13 Überlebende an Land zu bringen – obwohl nähere Häfen verfügbar waren.
Auf der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer mit oft kaum seetüchtigen Booten kamen nach Schätzungen in den vergangenen zehn Jahren mehr als 30 000 Menschen ums Leben. »Die Geschichten von Zehntausenden Überlebenden hallen überall auf der ›Geo Barents‹ wider. Babys haben auf diesen Decks ihre ersten Schritte gemacht; Menschen haben ihre Liebsten betrauert«, sagte Margot Bernard, MSF-Projektkoordinatorin am Freitag.