Die neue Brandenburger Koalition aus SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)[1] ist »nicht unbedingt eine Liebeshochzeit« gewesen. So formuliert es der neue Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD)[2]. Seinen ersten offiziellen Auftritt als Minister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz hatte Keller am Dienstag bei der Herbsttagung der brandenburgischen Wirtschaftsförderung. Dort sagte er, die Mehrheitsverhältnisse im Parlament nach der Landtagswahl im September führten zu dieser Koalition. Es sei nun an beiden Partnern, verantwortlich »für Stabilität zu sorgen«.
Keller sprach am Dienstag über die Einkommen im Land Brandenburg. Beschäftigte sollten »gut und besser verdienen«, findet er. In Brandenburg gebe es derzeit rund 1,16 Millionen sozialversicherte Angestellte. Die Arbeitslosenquote sei niedrig. Sie beträgt aktuell 6,1 Prozent. Doch erhalten Minister Keller[3] zufolge 20 Prozent der Beschäftigten in Brandenburg nur den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 12,41 Euro die Stunde, während das in den westdeutschen Bundesländern nur 13 Prozent so ergehe. Keller kritisierte diese Ungleichheit.
In der Vergangenheit sei es die positive Wirtschaftsentwicklung Brandenburgs gewesen, die eine Grundlage dafür gelegt habe, »dass wir im sozialen Bereich ordentlich zulegen konnten.« Der neue Landeshaushalt werde ein Volumen von rund 17 Milliarden Euro haben. Um Ausgaben in dieser Größenordnung zu finanzieren, komme es auch darauf an, »dass wir höhere Steuereinnahmen haben«. Dieses Anliegen dürfe »nicht aus den Köpfen herausfallen«, forderte Keller. Es lasse sich substanziell nur mit neuen Industrieansiedlungen bewerkstelligen. Keller kündigte an, bei den Energiepreisen »so weit wie möglich zu unterstützen«[4]. Er zeigte sich zufrieden, dass die Zuständigkeit für den Klimaschutz vom Agrarministerium in sein Wirtschaftsressort gewechselt ist und versprach einen Klimaschutz »nicht gegen die Brandenburger und nicht gegen die Industrie«.
Keller sprach von einer »Politik des Ermöglichens.« Der allseits geforderte Bürokratieabbau dürfe nicht nur eine Floskel bleiben. Der Minister nahm darauf Bezug, dass der Begriff Bürokratieabbau schon in Papieren aufgetaucht ist, die vier oder fünf Jahre alt sind, dies aber bei Licht besehen »keine Wirkung« gehabt habe. Es gelte, klug die Verfahren der Auftragsvergabe zu verbessern und die Berichtspflichten zu überprüfen. Gleichwohl sei Bürokratie an viele Stellen auch sinnvoll.
Die oppositionelle CDU ist eher skeptisch, was die wirtschaftlichen Aussichten Brandenburgs betrifft. Fraktionschef Jan Redmann äußerte schon Zweifel am wirtschaftspolitischen Sachverstand von SPD und BSW. »Die Dramatik der Situation hat sich noch nicht herumgesprochen«, urteilte Redmann. Brandenburg sei »nicht mehr Konjunkturweltmeister« und im ersten Halbjahr mit einem Minus von 0,4 Prozent »in die Rezession gerutscht«. Sollte das Konzept lauten, mit Minuswachstum die Klimaziele einzuhalten, dann »wird uns niemand nachmachen«. Der CDU-Politiker Redmann lobte Kellers Vorgänger Jörg Steinbach (SPD), dem mit der Ansiedlung der Tesla-Autofabrik in Grünheide ein großer Erfolg gelungen sei. Diesen Ruf müsse Brandenburg bewahren, doch »mir fehlt der Glaube«, sagt Redman.
Derweil geht es für die Wirtschaft in Deutschland weiter abwärts. Vier namhafte Institute haben vor wenigen Tagen ihre Konjunkturprognosen vorgestellt. Alle haben ihre Aussichten nach unten geschraubt. Einige von ihnen rechnen damit, dass die Stagnation der deutschen Wirtschaft auch im kommenden Jahr anhalten wird.