Am 26. November hatten Unbekannte in Bremen den Sitz der Firma OptoPrecision mit Brandsätzen angegriffen. »Wir legten an zwei Stellen am Gebäude Feuer. Steine, Molotovcocktails und mehrere Liter entzündliches Gemisch halfen uns dabei«, heißt es in einer zuerst auf der linken Internetplattform Indymedia veröffentlichten Stellungnahme[1]. Die Wurfgeschosse und Brandsätze seien nicht ins Gebäude gelangt, erklärte OptoPrecision anschließend[2] und nannte die Täter*innen »kriminelle Extremisten«. Ihnen sei es aber gelungen, Büros im ersten Stockwerk »durch einen örtlich begrenzten Brand zu beschädigen«.
Im Jahr 2020 hatten derartige »militante Aktionen« in Bremen mit 51Fällen einen Höhepunkt erreicht. Diese Zahl ging im Verlauf der Corona-Pandemie zurück und lag im Jahr 2023 bei 15 Taten, berichtet das Landesamt für Verfassungsschutz. Mit bislang 20 Fällen gibt es im laufenden Jahr also wieder eine leichte Zunahme. Ermittlungen zu den Aktionen gestalteten sich oft schwierig, da die Täter*innen »in abgeschotteten Kleinstgruppen agieren«, sagte ein Sprecher des Bremer Verfassungsschutzes zu »nd«.
OptoPrecision wird von den Unbekannten in ihrer Stellungnahme zu dem Anschlag kritisiert, weil die Firma Technik für Polizei und Militär produziert. Genannt wird das Kamerasystem »PerIS« zur Grenzüberwachung in Sachsen, das auch in anderen Bundesländern zum Einsatz kommt. Recherchen von »nd« und »netzpolitik.org« haben gezeigt[3], dass dabei im Polizeialltag in Deutschland erstmalig Echtzeit-Gesichtserkennung angewendet wird. Die Angreifer*innen werfen OptoPrecision deshalb vor, für »Psychoterror, Isolation und die Angst vor Hausdurchsuchungen« mitverantwortlich zu sein.
OptoPrecision dementiert, dass die Technik »beliebige Personen« automatisch identifizieren kann. Das haben die Recherchen aber nicht behauptet. Denn das PerIS gleicht seine hochaufgelösten Videoaufnahmen mit Bildern von Verdächtigen ab. Im Trefferfall erhalten Ermittler*innen einen sofortigen Hinweis und können tätig werden.
»Darüber hinaus treffen unsere Systeme keine eigenen Entscheidungen, sondern verbessern nur die Entscheidungsgrundlage der ermittelnden Behörde«, betont OptoPrecision. Dieser Hinweis soll wohl Datenschützer*innen beschwichtigen, die sich wegen der Erosion menschlicher Kontrolle bei der Gesichtserkennung sorgen. Tatsächlich werden beim Bundeskriminalamt mit der Einführung automatisierter Verfahren Dutzende Stellen im Bereich der Gesichtserkennung abgebaut, erklärte BKA-Chef Holger Münch auf der Herbsttagung des Amtes[4].
Nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz gehört Bremen seit Jahren zu den Hochburgen des »gewaltorientierten Linksextremismus« in Deutschland. Derzeit würden dem Spektrum rund 250 Personen zugeordnet, so der Sprecher. Besonders häufig stünden Aktionen im Kontext von Antirepression, Antimilitarismus, Antikapitalismus und Antifaschismus.
Angriffe betreffen nicht nur große Rüstungsunternehmen, sondern auch mittelständische Zulieferer und Dienstleister. Um diese ausfindig zu machen, sei »ein gewisser Rechercheaufwand erforderlich«, erklärte Thorge Koehler, Chef des Bremer Verfassungsschutzes, dem Magazin »Buten un binnen«[5] und sieht darin eine »gesteigerte Qualität« der Aktionen. In einigen Fällen seien auch leitende Mitarbeiter*innen der betroffenen Unternehmen in Bekennerschreiben mit ihren Privatadressen genannt worden.
Die Polizei in Bremen stuft das Bekennerschreiben zum Anschlag auf OptoPrecision als authentisch ein[6]. Man habe die Szene nach eigenen Angaben verstärkt im Auge. Im Jahr 2022 wurde nach schwerwiegenden Anschlägen die bereits bestehende Ermittlungsgruppe »EG Feuer« zu einer Sonderkommission »Soko Linksextremismus« ausgeweitet.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187756.linke-militanz-wieder-mehr-radau-in-bremen.html