Von Israel aus ist der Verkauf von Schwachstellen für Software nach dem Pegasus-Skandal nahezu unmöglich, doch in Spanien gestaltet sich der Verkauf innerhalb der EU wesentlich einfacher. Diese Entwicklung hat Barcelona zu einem Anziehungspunkt für israelische Cyberexpert*innen gemacht, berichtet[1] die israelische Tageszeitung »Haaretz« unter Berufung auf Kreise der Sicherheitsindustrie. Die katalanische Metropole wird demnach zu einem neuen Zentrum für offensive Cybertechnologien.
Laut den ungenannten Experten haben sich drei von sechs der weltweit führenden israelischen Hacker-Firmen, die sich auf Schwachstellen und Sicherheitslücken spezialisieren, nach Spanien verlagert. Erst kürzlich soll ein ungenanntes Unternehmen, das zuvor in Singapur tätig war, nach Barcelona umgezogen sein. Dessen Arbeit konzentriert sich auf die Identifikation von Schwachstellen in Smartphones, die dann für gezielte Angriffe und Spionagesoftware genutzt werden können.
An der Spitze dieser Bewegung aus Hacker-Firmen steht laut »Haaretz« Defense Prime, die seit ihrer Gründung rund 60 israelische Spezialisten nach Barcelona geholt haben soll. Ihre Produkte gelten als Alternative zur bekannten Pegasus-Spyware, die von der israelischen NSO Group entwickelt und vertrieben wird. Regierungen haben sie weltweit genutzt, um Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und politische Gegner auszuspionieren.
Der durch Medienberichte bekannt gewordene Skandal löste international Empörung und Untersuchungsausschüsse aus und führte zu Forderungen nach strengeren Regulierungen und Kontrolle von Überwachungstechnologien.
Auch andere Unternehmen und Expert*innen aus Israel, darunter ehemalige Angehörige des mittlerweile aufgelösten spanischen Unternehmens Variston, sind dem Bericht zufolge in Barcelona aktiv. Parallel dazu soll mit Epsilon ein neues Unternehmen entstanden sein, das Schwachstellen gezielt an staatliche und internationale Kunden verkauft.
Der Umzug vieler israelischer Cyberspezialist*innen nach Spanien könnte vor allem aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen. Israelische Exportkontrollen gelten als besonders streng und werden wie im Fall von »Pegasus« auch unter außenpolitischen Begehrlichkeiten erteilt oder verwehrt. Diese »Cyberdiplomatie« Israels hatten die Journalisten Ronen Bergman and Mark Mazzetti in der »New York Times« beschrieben[2].
In Europa, speziell in Spanien, soll die Vermarktung von Spionagesoftware innerhalb der EU dagegen weitaus einfacher sein. »Wer bleibt, tut dies meist aus persönlicher Überzeugung, nicht aus wirtschaftlichen Gründen«, zitiert »Haaretz« einen Insider aus der Branche.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187797.haaretz-bericht-israels-hacker-ziehen-nach-europa.html