Die Europäische Union müsste es längst begriffen haben: Migration zu erschweren, verhindert sie nicht, daran kann keine Verschärfung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS)[1] etwas ändern. Fünf geglückte Seenotrettungen vor der kanarischen Küste allein Donnerstagnacht bis Freitagfrüh unterstreichen, dass der kurz davor vorgelegte Bericht der spanischen Menschenrechtsorganisation Caminando Fronteras (Grenzen überschreiten) die Realität des Jahres 2024 treffend widerspiegelt: Die Atlantikroute zwischen Afrika und den Kanaren wird von Migrant*innen immer häufiger genutzt – den tödlichen Risiken zum Trotz. Demnach seien mindestens 10 457 Flüchtlinge gestorben oder verschwunden. Dies seien über 50 Prozent mehr als 2023 und ein Rekord seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2007. Verantwortlich seien die Verwendung nicht seetauglicher Boote, immer gefährlichere Routen sowie fehlende Mittel für die Rettung.
Die EU hat mit ihrer repressiven Migrationspolitik in den vergangenen Jahren die Migration nicht gestoppt, sondern nur den Preis dafür in die Höhe getrieben. Der höchste Preis sind die Menschenleben, die gefährlichere Migrationsrouten kosten. Diese Politik ist nicht alternativlos. Die EU könnte kurzfristig legalen und zeitlich befristeten Zugang zu europäischen Arbeitsmärkten[2] für viele einrichten – anstelle eines gefährlichen Zugangs für die Wenigen, die es lebend in die Festung EU schaffen. Mittelfristig geht es nicht ohne eine gemeinsame, solidarische Flüchtlings‑, Handels- und Entwicklungspolitik. Die politische Einsicht dafür fehlt. Und der Wille ohnehin.