Das Modell von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für einen »neuen Wehrdienst«[1] ist vom Bundestag noch nicht verabschiedet worden. Allerdings dürfte ein künftiger Kanzler Friedrich Merz großes Interesse haben, darüber hinaus zu gehen. Im neuen Grundsatzprogramm seiner CDU[2] ist die echte Wiedereinführung der im Jahr 2011 vom damaligen CDU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ausgesetzten Wehrpflicht verankert.
Das damals noch existierende Ampel-Kabinett einigte sich Anfang November darauf, dass ab dem kommenden Jahr alle jungen Menschen mit Erreichen des 18. Geburtstags einen Brief mit einem QR-Code erhalten sollen, der zu einem Onlinefragebogen der Bundeswehr führt. Für Männer wäre das Ausfüllen verpflichtend, für Frauen nicht, weil ein Wehrdienst von Frauen nicht im Grundgesetz verankert ist. Gefragt werden soll unter anderem nach der körperlichen Fitness und der grundsätzlichen Bereitschaft zum Wehrdienst.
Die Bundeswehr soll dann die Fragebögen sichten und will um die 10 000 potenzielle Rekruten zur Musterung laden, 5000 sollten für eine sechsmonatige Basisausbildung oder einen knapp zweijährigen Dienst bei den Streitkräften gewonnen werden. All das ist jedoch nicht mehr Gesetz geworden.
Es gibt aber schon mal eine neue Grundsatzvereinbarung zwischen dem BMVg und der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit dem Titel »Gemeinsam für eine starke Bundeswehr: Die Zeitenwende personell gestalten«. Demnach soll die BA in ihrer Beratung »Interessierten« künftig sämtliche Berufsfelder der Bundeswehr präsentieren.
Den Vertrag unterzeichneten Minister Pistorius und BA-Chefin Andrea Nahles am 6. November. Danach sollen »soldatische Aufgaben als berufliche Perspektive gezeigt werden«, erklärte Pistorius. Die Vereinbarung stütze sich auf die »guten Erfahrungen der bisherigen Kooperation«, »insbesondere im Bereich der zivilen Personalgewinnung und der zivilberuflichen Eingliederung«.
»Im Fokus« der neuen Vereinbarung steht nun aber »insbesondere die Unterstützung der militärischen Personalgewinnung« zur »Ertüchtigung der Streitkräfte im Geiste der ›Zeitenwende‹ durch die BA«. Vor allem geht es darum, den von Pistorius geplanten »Aufwuchs« bei der Truppenstärke um gut 20 000 Personen »zeitgerecht« zu bewerkstelligen.
»Im Fokus« steht »insbesondere die Unterstützung der militärischen Personalgewinnung« zur »Ertüchtigung der Streitkräfte im Geiste der ›Zeitenwende‹ durch die BA«, wie es in dem Papier heißt.
Zudem wollen BA und Bundeswehr mit der neuen Vereinbarung »weiterhin im wichtigen Bereich der beruflichen Qualifizierung und Eingliederung der Soldatinnen und Soldaten auf Zeit in den Arbeitsmarkt« kooperieren und so »zielgerichtet auch den Fachkräftebedarf« der Wirtschaft decken.
Explizit sollen von der BA laut der Vereinbarung »arbeitsuchende und arbeitslose Bewerbende auf offene militärische und zivile Stellen der Bundeswehr« vermittelt werden. Außerdem sollen die Jobporträts, die bislang auf dem Karriereportal der Truppe zugänglich sind, künftig auch auf dem Portal berufe.tv der BA verfügbar sein. Und es ist eine »zielgerichtete Präsenz der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr in den Liegenschaften der BA« vorgesehen.
Parallel soll die Beratung der BA für »einsatzgeschädigte Soldatinnen und Soldaten nach dem Ende des aktiven Dienstes mit dem Ziel der beruflichen Integration« verbessert werden.
Die Intensivierung der Zusammenarbeit sei »ein Ergebnis der grundlegend veränderten Sicherheitslage in Europa in Folge des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine«, teilt das BMVg mit. Die Bundeswehr als »Garant für die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands im Kontext von Nato und EU« zur Verteidigung »auf deutschem Hoheitsgebiet« wie auch »im Bündnisgebiet« in der Lage sein. Aus diesem Kernauftrag leite sich der Bedarf an militärischem und zivilem Personal ab.