Die Zeit rennt. Wenn in zwei Wochen Donald Trump seine zweite Amtszeit als US-Präsident antritt, könnte der Krieg in der Ukraine eine neue Wendung bekommen, von der niemand weiß, wie sie aussehen wird. Russland und die Ukraine versuchen deshalb, bis zum 20. Januar auf dem Schlachtfeld Fakten zu schaffen, die ihnen eine vermeintlich bessere Ausgangsposition für voraussichtliche Verhandlungen bieten sollen.
Mit der Offensive seiner Armee glaubt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj genau das zu tun[1]. »Ihre Position in Kursk ist wichtig«, sagte der scheidende US-Außenminister Antony Blinken auf seiner Südkorea-Reise, und dass die Biden-Administration sicherstellen wolle, dass Kiew »die bestmöglichen Karten hat« bei Verhandlungen.
Wie und wo genau die ukrainische versucht, nach der Offensive im Sommer wieder verlorene russische Gebiete zurückzuerobern, bleibt noch im Nebel. Hauptziel soll die Ortschaft Berdin sein, heißt es in verschiedenen Mitteilungen. Was dort genau geschieht, lässt sich kaum mit Sicherheit sagen. Zumal Kiew für ein »Informationsvakuum« sorgt, wie die Osint-Analysten von Deepstate anmerken.
Gänzlich unerwartet kam die Offensive nicht. Im Dezember war die Armeeführung in das besetzte Gebiet gereist, um Orden zu verteilen. In den vergangenen Tagen beschoss die ukrainische Armee vermeintliche russische Stützpunkte mit westlichen Raketen.
Erfolgsmeldungen, so scheint es. Auch Präsident Selenskyj bleibt sich treu, sprach zuletzt in seiner täglichen Videoansprache wieder einmal von kolossalen russischen Verlusten und fabulierte erneut über nordkoreanische Soldaten, die man reihenweise töte. Belege dafür: Fehlanzeige.
Die kann auch Moskau für seine Behauptungen nicht liefern. Am Montag vermeldete das Verteidigungsministerium das Ende der ukrainischen Offensive. Die Durchbruchsversuche der ukrainischen Armee seien vereitelt worden, die Hauptkräfte bei Berdin vernichtet, heißt es. Dieselbe Erfolgsmeldung hatte Moskau allerdings am Sonntag bereits publiziert.
Vieles spricht dafür, dass die Ukraine die Offensive nur noch mit letzter Kraft starten konnte[2]. Im Osten des Landes verliert Kiew immer mehr Gebiete an Russland, das am Montag die Einnahme der Stadt Kurachowe vermeldete und immer weiter auf die Großstädte Saporischschja und Dnipro vorrückt. Und in der Bevölkerung macht sich immer mehr Kriegsmüdigkeit breit, immer weniger Ukrainer wollen bis zum Sieg kämpfen.
So soll es ukrainischen Quellen zufolge auch unter den Soldaten sein. Innerhalb der Armee gehe der Trend immer mehr Richtung Frieden[3], schreibt der Telegram-Kanal Resident. Auch, weil die Führung in den Augen vieler Soldaten nicht adäquat handelt. Selenskyjs Kursk-Offensive war von Anfang an in der Armee unbeliebt. Mittlerweile sollen die Verluste so hoch sein, dass die jetzige Offensive ganz schnell wieder abgebrochen wurde, schreibt Resident mit Verweis auf Quellen im Generalstab. Ein Anzeichen mehr, dass die Offensive ein Ablenkungsmanöver auch für den Westen ist.
Selenskyj sorgte am Wochenende auch mit einem Interview mit dem US-Podcaster Lex Fridman für Aufsehen. Darin beleidigte er nicht nur alle Politiker, die ihm in den Sinn kamen, sondern zeigte sich versöhnlich mit Trump (was Selenskyj Lob von Elon Musk einbrachte). Auch für Friedensverhandlungen zeigte er sich offen, wenn denn seine Forderungen erfüllt werden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188004.ukraine-krieg-kursk-letzte-offensive-vor-trump.html