Auch im kommenden Jahr kriselt es gewaltig und zahlreiche Beschäftigte werden nicht wissen, wie sie über die Runden kommen. Viele sind von Stress, einer zu hohen Arbeitsbelastung und psychischen Erkrankungen[1] geplagt. Nicht selten begünstigt das auch andere Krankheiten[2]. Doch statt darüber zu sprechen, wird in Deutschland lieber über vermeintlich zu hohe Arbeitskosten, Krankenstände und Sozialausgaben diskutiert.
Der Vorstoß, sogenannte Karenztage bei Krankmeldungen einzuführen, steht dafür exemplarisch: Die Kosten für den ersten Krankheitstag sollen die Beschäftigten tragen, statt wie bisher die Unternehmen. Sinn ergibt das nur dank des Raunens, Beschäftigte würden zu viel blaumachen. Damit werden Ressentiments gegen vermeintlich Faule geschürt und so der nächste Tritt nach unten[3] vorbereitet.
Faktisch aber wäre der Vorstoß nichts anderes als eine Lohnkürzung durch die Hintertür. Denn am Krankenstand würde er kaum etwas ändern. Auch Vorschläge für einen Bonus bei möglichst wenig Krankheitstagen sind irrsinnig. Beschäftigte, die bestraft werden, weil sie krank sind, werden, weil sie eben lohnabhängig sind, zur Arbeit gehen und ihre Kolleginnen und Kollegen anstecken. Langfristig wird das eher die Krankheitstage erhöhen.
Aber Langfristigkeit ist kein Merkmal solcher Debatten, in denen von Verteilungsfragen abgelenkt wird. Darum muss die Diskussion vom Kopf auf die Füße gestellt, müssen krank machende Arbeitsbedingungen in den Vordergrund gerückt werden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188069.krankschreibungen-ueber-arbeitsbedingungen-reden.html