nd-aktuell.de / 13.01.2025 / Berlin / Seite 1

Silvester knallt weiter im Berliner Abgeordnetenhaus

Zwischen Forderungen nach Grenzkontrollen, Länder­öffnungs­klausel und Prävention

Jule Meier
Sorgen vielerseits für Zündstoff: Kugelbomben in der Silvester-Debatte
Sorgen vielerseits für Zündstoff: Kugelbomben in der Silvester-Debatte

»Ist es eine Frage des Mindsets oder eine Frage der Regeln?«, fragt der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Vasili Franco vor dem Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Montag. Franco bezieht sich damit auf eine Debatte um zwei verschiedene Anträge, einer von den Fraktionen der CDU und SPD, der andere von Grünen und Linke, die sich beide mit der Silvesterbilanz befassen.

Für Franco ist es eine Frage der Regeln, wie er sagt. Ein Verkaufsverbot von Böllern sieht er als »effektivste« Maßnahme, um dem »Böllerwahnsinn« Einhalt zu gebieten und für mehr Sicherheit in Berlin zu sorgen. Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion Niklas Schrader spricht sich nicht nur für ein Verkaufsverbot aus, sondern darüber hinaus für zentral organisierte Feuerwerke und gegen die Sparmaßnahmen der schwarz-roten Koalition bei der Jugendarbeit. Wenn Gewalt an Silvester ein junges Problem sei, brauche es auch entsprechende Angebote für die Prävention, so Schrader.

Prävention findet auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Matz gut. Er weist in der Debatte darauf hin, dass die viel diskutierten Kugelbomben kein neues Phänomen seien. Neu sei, wie darüber gesprochen werde. Er sagt außerdem, wenn mehr Einsatzkräfte auf den Straßen seien, würden auch mehr Vorfälle registriert – laut Innensenatorin Iris Spranger (SPD) waren 4000 Polizist*innen im Einsatz, die Zahl der Rettungskräfte wurde verdreifacht. Matz spricht sich für eine Länderöffnungsklausel[1] im bundesweiten Sprengstoffgesetz aus, die auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) möchte. Damit könnte Berlin Böller verbieten bzw. nur in bestimmten Zonen erlauben.

Matz sagt zudem, dass Silvester fast 99 Prozent der Gewalttaten von Männern ausgingen. Damit lenkt er die Diskussion von Versuchen seitens CDU- und AfD-Abgeordneten weg, die die Debatte mit Forderungen nach stärkeren Grenzkontrollen und der Frage der Gewalt in Zusammenhang mit der Herkunft besetzen wollen. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Burkard Dregger fragt, ob sich durch Grenzkontrollen die Masse an Pyrotechnik verringern ließe. Präventionsmaßnahmen führten seiner Meinung nach nicht zu einer Änderung des Mindsets. Eine harte Justiz sei die beste Prävention.

Dem widersprechen Franco und Schrader scharf. Franco fragt Dregger: »Wollen Sie jedes Fahrzeug aus Polen und Tschechien und sämtliche Bahnreisende nach Berlin kontrollieren?« Schrader stimmt zwar Dreggers Aussage zu, dass sich viele migrantische Jugendliche nicht mit Deutschland identifizierten. Wenn man ihnen jedoch mit Ausbürgerung drohe, wie es in Debatten der CDU geschieht, solle man sich nicht wundern, wenn sie sich abwenden.

Auch dass die Vornamen von über 200 Festgenommen in der Silversternacht illegalerweise an das rechte Medienportal »Nius« weitergereicht wurden, war Gegenstand der Ausschussdebatte. Das Landeskriminalamt ermittelt, ob diese durch ein Leak bei der Berliner Polizei bekannt wurden. Franco, Schrader, Matz und Spranger kritisieren den Datenschutzvorfall. Linke-Politiker Schrader und Grünen-Politiker Franco betonen: Es gebe keinen kriminologischen Mehrwert, Vornamen in Zusammenhang mit Straftaten statistisch auszuwerten.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188052.silvester-berlin-senat-uneins-ueber-boeller.html?sstr=silvester