Wenn ein profilierungssüchtiger rechtsextremer Unternehmer auf einer ihm gehörenden Online-Plattform, die vor allem durch das Verbreiten von Antisemitismus und Verschwörungsideologien auffällig geworden ist, mit einer profilierungssüchtigen rechtsextremen Politikerin ein öffentliches »Gespräch« führt, in dem ausschließlich dummes und erlogenes Zeug geredet wird, darf das natürlich nicht ignoriert werden. Schließlich handelt es sich um ein hochwichtiges öffentliches Ereignis, wichtiger jedenfalls als der Ukraine-Krieg und der Klimawandel zusammen. Wie anders wäre zu erklären, dass nahezu sämtliche Medien[1] dieses »Gespräch« kommentieren?
Dass es sich um eine seit Jahren angewendete Werbestrategie rechtsextremer Parteien handelt, permanent mit Dreck zu werfen oder irgendeinen Bohei zu veranstalten, jedenfalls in großem Stil Selbstinszenierung zu betreiben, um so – wie einer dieser Klebestreifen, mit dem Fliegen gefangen werden – Journalisten dazu zu bringen, über die Partei zu berichten – diese mittlerweile sattsam bekannte Tatsache scheint in vielen Medienhäusern noch immer nicht registriert worden zu sein.
Vielmehr »berichten« viele über den Inhalt eines solchen »Gesprächs«, das tatsächlich nichts anderes ist als bewusst inszenierte Reklame für eine rechtsextreme Partei, als handele es sich dabei um ein welterschütterndes Ereignis.
Zwei hochgradig narzisstisch veranlagte Personen, die beide nicht als seriöse Historiker gelten können, sprechen auf einem privatwirtschaftlich betriebenen Kanal über Hitler! Darüber muss natürlich dringend (Bildungsauftrag und Informationspflicht der Medien[2]!) von dem öffentlich-rechtlichen Medium ARD berichterstattet werden! Und zwar so, dass man beim Lesen das Gefühl hat, jene ARD-Journalisten, die den Bericht (»Tagesschau.de«) verfasst haben, seien Elfjährige mit intellektueller Beeinträchtigung, die mal eben auf Wikipedia überflogen haben, worum es sich genau bei »Nationalsozialismus« handelt:
Die Behauptung, dass Hitler ein Kommunist gewesen sei, so erfahren wir via ARD, »ist falsch«. Puh! Da atmet man als Leser erst mal auf. Gut, dass wir das als vorläufigen Fakt festgehalten haben. Wenigstens darüber scheint in unserer verblödeten und minütlich neue geschichtsrevisionistische Pirouetten drehenden Welt noch Einigkeit zu bestehen. Hitler war kein Kommunist! Gut, dass wir die ARD haben, wo kämen wir nur hin ohne sie? Die ARD-»Faktenfinder«-Journalisten Carla Reveland und Pascal Siggelkow scheinen sich aber nicht hundertprozentig sicher zu sein, ob sie diese noch nicht sicher untermauerte News-Info tatsächlich so ohne weiteren Beweis stehen lassen können. Also schieben sie rasch noch ein Zitat von einem Gelehrten nach, das sie in einer österreichischen Zeitung gefunden haben: »Der Geschichtsprofessor Werner Suppanz von der Universität Graz beantwortete die Frage, ob Nazis Sozialisten waren, dem ›Standard‹ gegenüber deutlich: ›Eindeutig nicht.‹« Gut, dass es Geschichtsprofessoren gibt! Ohne sie würde unser aller Oberstübchen dem von Erika Steinbach ähneln.
Um die Nachricht, dass Hitler kein Kommunist war, aber vollkommen wasserdicht zu machen, sie sozusagen als mehrfach gecheckten Superfakt zu bestätigen, fahren Reveland und Siggelkow, sich noch mal auf den Hochschulmann Suppanz berufend, den Führer selbst als Zeugen auf: »Hitler selbst habe im Jahr 1928 erklärt, dass seine Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) nicht sozialistisch sei.«
Erst jetzt haben wir endgültig Klarheit: Der Führer selbst hat zu seinen Lebzeiten einmal mitgeteilt, dass er keiner von denen ist! Damit wären ja wohl die letzten eventuell verbliebenen Zweifel ausgeräumt. Danke, »Tagesschau«! Auf dich kann man sich verlassen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188192.medienkritik-weidel-und-musk-auf-x-puh.html