nd-aktuell.de / 19.01.2025 / Kommentare / Seite 1

Kein Freipass für Bolsonaro

Peter Steiniger zur verhinderten US-Visite des brasilianischen Ex-Präsidenten

Peter Steiniger
Für die politischen Busenfreunde Donald Trump (l.) und Jair Bolsonaro (r.) wird es zur Amtseinführung des US-Präsidenten kein Wiedersehen geben.
Für die politischen Busenfreunde Donald Trump (l.) und Jair Bolsonaro (r.) wird es zur Amtseinführung des US-Präsidenten kein Wiedersehen geben.

Die Party steigt ohne ihn: Jair Bolsonaro sieht sich als Opfer von Lawfare, einer politisierten Justiz, die Brasiliens Demokratie schleift. Bis zum Obersten Gerichtshof ist der Ex-Präsident gegangen, um zur Amtseinführung seines Leitsterns nach Washington reisen zu können. Vergeblich. Unter Tränen verabschiedete Bolsonaro am Sonnabend seine Frau Michelle, die sich auf den Weg zur Zeremonie im Kapitol gemacht hat. Begleitet wird sie von Bolsonaros Sohn Eduardo. Der Abgeordnete ist ein wichtiger Stratege der extremen Rechten in der Region[1]. Donald Trump schart zum »Inauguration Day« an diesem Montag politische Alliierte aus aller Welt um sich. Mit dabei sind etwa Italiens Regierungschefin Georgia Meloni, Argentiniens Präsident Javier Milei, Spaniens Vox-Chef Santiago Abascal und der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla.

Im vergangenen Jahr hatten die Behörden Bolsonaros Pass eingezogen, damit dieser nicht einfach verduftet, während gegen ihn wegen Putschplänen ermittelt wird. Die Verschwörung soll darauf abgezielt haben, vor zwei Jahren den Wahlsieg von Lula da Silva ungeschehen zu machen. Der »Tropen-Trump«, dessen Clan enge Verbindungen zur extremen Rechten in den Staaten unterhält, hat selbst davon gesprochen, dass er in einer Botschaft Asyl suchen könnte. Zugleich solidarisiert er sich mit Gefolgsleuten, die in Mileis Argentinien geflohen sind[2], weil sie in Brasilien verknackt wurden oder sie dort Anklagen erwarten. Unter dem Strich nicht die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Ersuchen um die Herausgabe des Passes. So sah das auch die Generalstaatsanwaltschaft.

Bolsonaros Opferinszenierung dient propagandistischen Zwecken. Er repräsentiert zwar nicht mehr Brasilien, aber doch viele im Land, die das Sternenbanner und den US-Dollar anbeten. Einem Auftritt an der Seite Trumps hat die Justiz aus guten Gründen einen Riegel vorgeschoben. Lawfare sieht anders aus. Ein gutes Beispiel lieferte der Bundesrichter Sérgio Moro, der zur Wahl 2018 die Kandidatur von Lula mit einem manipulierten Prozess vereitelte und den Linkspolitiker hinter Gitter brachte[3]. Von Bolsonaro wurde er dafür mit dem Amt des Justizministers honoriert.

Zu den USA strebt Lulas Regierung auch mit Trump im Weißen Haus normale Beziehungen an. Den offiziellen Part bei seiner Amtseinführung nimmt Maria Luiza Viotti wahr, Brasiliens Botschafterin in Washington – wie es dem bei diesen Anlässen üblichen Protokoll entspricht. Statt dort eine Show abzuziehen, wird Bolsonaro nur übrigbleiben, was ihm Gleisi Hoffmann, die Vorsitzende von Lulas Arbeiterpartei, nahelegt: die Zeremonie am Fernseher zu verfolgen.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1185416.rechtsextreme-ideologien-ideologie-des-bolsonarismus-sie-haben-einen-plan.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187357.javier-milei-mit-gott-vaterland-freiheit-n-und-sozialkahlschlag.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169875.lula-da-silva-aus-dem-knast-zurueck-an-die-macht.html