Alles sollte nach Aufbruch aussehen, als Die Linke nach der Abspaltung des BSW ihr neues Logo präsentierte. Schräg stand es nun da, als Zeichen für den Aufstieg[1]; und der rote Keil über dem »i«, der zeigte nicht mehr nach links, sondern nach rechts-oben. Freilich, es blieb nicht bei diesen symbolischen Maßnahmen: Ein neuer Parteivorsitz musste her, die Wahlkampfthemen dampfte man ein und die Aktion Silberlocke[2] wurde ins Leben gerufen. Und auch, wenn sie nach wie vor traurig dahindümpeln: Seit Jahresbeginn schauen die Umfragewerte zumindest weniger schlecht aus, kratzen teilweise an der Fünf-Prozent-Hürde. Es ist also nicht bei dem Aufbruch im Bilde geblieben.
Nun scheint die Aufregung über die Zusammenarbeit von CDU und AfD für den nächsten Aufwind der Linkspartei zu sorgen. Allein in den vergangenen zwei Wochen habe die Partei über 11 000 Neueintritte vermeldet. Stand Montag zähle die Partei damit über 71 000 Mitglieder, so viele wie zuletzt 2010, sagte ein Parteisprecher. Beim Parteitag am 18. Januar seien es noch rund 60 000 gewesen, in etwa so viele wie vor der Bundestagswahl 2021.
»Es ist unglaublich, was die Klärung unserer Positionen und eine klare Fokussierung[3] für eine Energie freisetzt«, sagte Parteichefin Ines Schwerdtner. »Viele haben offensichtlich nur darauf gewartet, dass es wieder eine Linke mit klarem Kurs gibt, bei der man sich engagieren kann.«
Mit der Linken Bremen knackte damit auch der kleinste Landesverband die 1000-Mitglieder-Marke. »Das zeigt uns auch: Wir machen einiges richtig[4] und können den Menschen eine linke Hoffnung bieten«, so Landessprecherin Anna Fischer. »Die vielen neuen Genoss*innen sind jetzt schon eine echte Verstärkung[5], und wir sind dadurch noch einmal überzeugter, dass wir mit über fünf Prozent in den Bundestag einziehen werden.«
Auch die Grünen meldeten nach der gemeinsamen Abstimmung von CDU und AfD im Bundestag eine Eintrittswelle. »Über 5000 Mitgliedsanträge in nur fünf Tagen – das ist ein neuer Rekord«, sagte die politische Geschäftsführerin der Grünen, Pegah Edalatian.
»Viele haben offensichtlich nur darauf gewartet, dass es wieder eine Linke mit klarem Kurs gibt.«
Ines Schwerdtner Linke-Parteivorsitzende
Indes erfährt die Linkspartei kurz vor der Bundestagswahl Unterstützung aus dem Wissenschaftsbetrieb. 173 Wissenschaftler*innen schlossen sich am Dienstag einem Aufruf[6] an, Die Linke zu wählen. Bis Redaktionsschluss haben sich diesem Appell über 400 Personen angeschlossen, er kann von allen Interessierten unterstützt werden.
Zu den Erstunterzeichnenden gehören international anerkannte Professor*innen, wie die Philosophin Rahel Jaeggi, der Politikwissenschaftler Ulrich Brand, der Soziologe Klaus Dörre und die Geschlechterforscherin Sabine Hark.
Die Demokratie sei so gefährdet wie lange nicht mehr, heißt es in dem öffentlichen Schreiben. Angesichts wachsender sozialer Ungleichheit, einer eskalierenden Klimakrise und des zunehmenden Einflusses rechter Ideologien sei eine starke linke Kraft im Parlament notwendiger denn je.
»Ich schaue mit Entsetzen auf einen globalen Rechtsruck, der auch in Deutschland längst spürbar ist. Ich bin froh, einer Partei meine Stimme geben zu können, die diesem Drang nach Härte widersteht und Politik für statt gegen Menschen macht«, sagt die Philosophin Eva von Redecker, die den Aufruf unterstützt.
Die Unterzeichnenden sehen die Rolle der Linkspartei als eine oppositionelle Kraft im Bundestag, »die Druck auf andere Parteien macht, Missstände anprangert und versucht, ihnen vereint zu begegnen, um gemeinsam dem Ziel eines guten Lebens für Alle näherzukommen«, wie es in dem Appell heißt.
Außerdem sei mit dem Mandat das Fortbestehen der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) »und damit die Möglichkeit einer kritisch-linken politischen Bildung verbunden«. Als politischer Stiftung hängt die Finanzierung der Linke-nahen RLS vom Abschneiden der Linkspartei bei den vergangenen Bundestagswahlen ab. Da hierbei die Durchschnittsergebnisse der letzten vier Bundestagswahlen zugrunde gelegt werden, muss die Stiftung ohnehin ab 2026 mit einem erheblichen Verlust von mehreren Millionen Euro Förderung rechnen, denn dann fällt das gute Ergebnis von knapp zwölf Prozent bei der Wahl 2009 aus der Berechnung. mit dpa