Der als »Mönch von Lützerath« bekannte Loïc Schneider wurde am Mittwoch vor dem Amtsgericht Erkelenz zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen á 30 Euro verurteilt. Er sei schuldig wegen des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte am Rande der Räumung des Braunkohledorfs Lützerath in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Monate Haft für Schneider gefordert, seine Verteidigerin einen Freispruch beantragt.
Der Franzose wurde durch ein Video in den sozialen Medien international bekannt. Es zeigt den 29 Jahre alten Aktivisten in Mönchskutte bei der Großdemonstration im Rheinischen Revier vor zwei Jahren. Darauf ist zu sehen, wie er im Schlamm stehend Polizisten in den knöcheltiefen Matsch stößt. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass Schneider im Bereich einer gegen die Wiederbesetzung von Lützerath gedachten Absperrung zunächst einen Polizisten umgeschubst hatte, der dadurch ein Hämatom im Schulterbereich erlitten hatte. Anschließend hatte er demnach einen weiteren Polizisten, der einer Kollegin helfen wollte, zweimal umgestoßen.
Der auf zwei Verhandlungstage terminierte Prozess[1] fand wegen des großen Andrangs von Medien und Zuschauern am Landgericht Mönchengladbach statt. Die Zeugenbefragung der beiden Polizisten erbrachte die Erkenntnis, dass beide keine größeren Verletzungen erlitten hatten und weiterarbeiten konnten. »Ich hatte Panik«, berichtete aber die 26 Jahre alte Beamtin, die im Morast steckengeblieben war.
Wie die Unterstützergruppe »Lützerath lebt!« nach dem ersten der zwei Prozesstage zu »nd« sagte[2], wäre es zu einem Freispruch gekommen, hätte Schneider nicht vor Gericht eine politische Erklärung abgegeben[3]. Denn er habe eine Kapuze aufgehabt und deshalb nicht einwandfrei identifiziert werden können. Dem Klimaaktivisten kam die Polizei allerdings nach einer erfolglosen Anklage[4] abermals auf die Spur, weil er sich in einem Interview des »Stern« als der »Mönch von Lützerath« geoutet hatte. Im Nachhinein bezeichnete Schneider dies als Fehler.
Auch der Richter sagte bei der Urteilserklärung, dass ohne Schneiders Prozesserklärung tatsächlich ein Freispruch herausgekommen wäre – und würdigte das Geständnis. Für den von seiner Sache überzeugten Schneider war Schweigen aber keine Option. Auch am Mittwoch machte er seine Haltung für Klimaschutz und gegen Polizeigewalt deutlich. Er bedauerte die Taten vom Januar 2023 nicht.
In seiner Heimat Nancy im Nordosten Frankreichs ist der Altenpfleger und Obstbauer Schneider als »militanter Öko-Aktivist« bekannt. Die Regionalzeitung »L’Est republicain« bezeichnet Schneider als eine der Hauptfiguren bei Anti-Macron-Protesten in der Stadt. Mehrfach sei er von der französischen Justiz angeklagt worden, zuletzt wegen Verbreitung eines satirischen Liedes, das den Justizminister Gérald Darmanin beleidigte. Von diesem Vorwurf wurde Schneider aber kürzlich freigesprochen.
Es sei nicht das erste Mal, dass Schneider ohne Urteil davonkommt, wunderte sich »L‘est républicain«. Nicht so in Deutschland. Dort wurde der Aktivist wegen seiner Teilnahme an G-20-Protesten im Juli 2017 in Hamburg zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, nach einer Überstellung zur Verbüßung in Frankreich aber umgehend entlassen[5]. Wegen dieser Vorstrafe war Schneider im Prozess in Erkelenz von einer weiteren Freiheitsstrafe ausgegangen, hatte er vor zwei Wochen »nd« erklärt.
Das Urteil des Erkelenzer Amtsgerichts ist noch nicht rechtskräftig. »Spannend ist, wie die Staatsanwaltschaft auf die Geldstrafe reagieren wird und ob sie in Berufung geht«, kommentiert Mara Sauer von der Unterstützergruppe »Lützerath lebt!«.