nd-aktuell.de / 10.02.2025 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

US-Zölle: Kein Grund zur Panik

Realitätsschock: Handelszölle können die USA nicht von heute auf morgen einführen

Hermannus Pfeiffer
Prüft Roheisen am Hochofen: ein Stahlarbeiter. Prüft seinen Einfluss auf die deutsche Stahlindustrie: Donald Trump
Prüft Roheisen am Hochofen: ein Stahlarbeiter. Prüft seinen Einfluss auf die deutsche Stahlindustrie: Donald Trump

Donald Trump spitzt seine Handelspolitik weiter zu[1]. Der amerikanische Präsident kündigte an, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf alle Stahl- und Aluminiumeinfuhren in die USA zu erheben. Das sagte er laut Medienberichten am Montag Reportern an Bord seiner Regierungsmaschine. Etwas Zeit bleibt der deutschen und europäischen Politik jedoch noch. Zumindest zeigt sich beim Blick auf die Zollerhebungen der Vergangenheit, dass etwa ein Jahr zwischen Ankündigung und Umsetzung vergeht.

Und auch Präsident Trump ist an den offiziellen Prozess gebunden. Dieser beinhaltet, dass der Handelsbeauftragte der USA (USTR) eine Untersuchung durchführt, um festzustellen, ob Handelspraktiken eines Landes unlauter sind, den US-Handel belasten oder einschränken. So muss der USTR zunächst das Gespräch mit der ausländischen Regierung suchen. Betrifft die Untersuchung zudem ein Handelsabkommen und wird keine einvernehmliche Lösung erreicht, muss der USTR ein förmliches Streitbeilegungsverfahren im Rahmen geltender Handelsabkommens einleiten. Dies betrifft Mexiko und Kanada, die ein Freihandelsabkommen mit den USA haben. Im Fall der EU wäre die Welthandelsorganisation WTO einzubeziehen.

In einer idealen Welt wären Zölle nutzlos. Grundsätzlich ist (freier) Handel nämlich kein Nullsummenspiel, darin sind sich Wirtschaftswissenschaftler weitgehend einig. Wenn jedes Land sich auf diejenigen Produkte spezialisiert, die es günstiger und schneller als andere herstellen kann, und diese dann grenzüberschreitend handelt, steigt der »Wohlstand der Nationen«. Das hoffte jedenfalls schon Adam Smith, der Vater des Freihandels, im 18. Jahrhundert. Heutzutage wird ohnehin in komplexen Lieferketten produziert. So beziffert Siemens die Zahl seiner größeren Lieferanten in aller Welt auf 90 000.

Die kapitalistische Welt ist allerdings alles andere als ideal. Daher können Zölle ein nützliches Instrument für die Wirtschaftspolitik eines Staates sein. So schützte China seine aufstrebende Industrie[2] seit den 90er Jahren lange durch Zollmauern. Dabei berief sich Peking auch auf den deutschen Ökonomen Friedrich List, der Entwicklungsländern zu Einfuhrzöllen riet, hinter denen sich die heimische Wirtschaft entfalten könne. Erst nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO öffnete China – inzwischen zum Exportweltmeister aufgestiegen – nach und nach seinen Markt stärker für westliche Produkte und Firmen.

Einer anderen Idee folgt zurzeit Norwegen. Der Öl-und Gasproduzent nutzt Zölle für seine Umweltpläne: Auf Diesel- und Benzinautos werden hohe Einfuhrzölle erhoben. Ziel ist es, dass ab 2025 nur noch Elektroautos neu gekauft werden.

Trump hatte bereits während seiner ersten Amtszeit Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium verhängt.

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Obwohl hierzulande die öffentlichen Debatten anderes nahelegen: Zölle sind kein Alleinstellungsmerkmal der Politik von US-Präsident Trump, und sie werden international öfter eingesetzt als gemeinhin angenommen, beispielsweise von der Europäischen Union. Die effektiv bezahlten Zölle für US-Importe betrugen zuletzt in der EU durchschnittlich 3,95 Prozent – während in den USA für europäische Waren lediglich 3,5 Prozent bezahlt werden müssen.

Mag dieser Unterschied zunächst gering erscheinen, verlangt die EU vor allem bei Nahrungsmitteln und Agrargütern deutlich höhere Abgaben als Amerika. Das gilt auch für weitere Gütergruppen und einzelne Waren. Dies zeigt eine Untersuchung der Bank ING. So wird Aluminium von der EU mit 6,7 Prozent verteuert, von den USA bislang lediglich mit 3,7 Prozent. Das Musterbeispiel für das transatlantische Zollungleichgewicht sind Personenkraftwagen. Die Europäer belegen sie seit Langem mit einem Einfuhrzoll von 10 Prozent, während die USA nur 2,5 Prozent nehmen.

Trump findet es grundsätzlich unfair, dass die EU im Warenhandel einen Überschuss mit den Vereinigten Staaten hat. Ein Überschuss, der vor allem auf die stark exportorientierte Industrie in Deutschland zurückgeht, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Waren im Wert von 157,9 Milliarden Euro wurden 2023 aus der Bundesrepublik in die USA exportiert. In die Gegenrichtung flossen nur Waren für 94,6 Milliarden – das größte Plus gegenüber einem Land in der deutschen Außenhandelsbilanz. Trump führt den Überschuss der EU auf die höheren Zölle für US-Waren zurück.

Nach der Gründung der Welthandelsorganisation WTO 1995 fielen weltweit viele Zollschranken, Globalisierung und Welthandel wurden beschleunigt. Das weltweite Bruttoinlandsprodukt stieg von rund 20 Billionen US-Dollar auf geschätzte 110 Billionen Dollar im Jahr 2024. Der internationale Freihandelstrend führte aber auch zu anhaltenden Handelsdefiziten und zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in Länder mit niedrigeren Arbeitskosten, geringeren Steuern und weniger Regulierung.

Dies trug beispielsweise zu einem dramatischen Rückgang der US-Industrie bei. Gleichzeitig legten die Importe aus China, Japan und Deutschland schlagartig zu, auch weil die Verbraucher lieber billigere oder bessere Alternativen zu den in den USA hergestellten Waren kauften. Trump hatte übrigens bereits während seiner ersten Amtszeit Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium verhängt. Später wurden aber mehreren Handelspartnern zollfreie Kontingente gewährt, darunter der Europäischen Union.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188723.handelspolitik-trump-macht-mit-neuen-zoellen-ernst.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188784.handelspolitik-usa-und-china-zoelle-und-gegenzoelle.html