Es sind die Mühen der Ebene. Vor rund einem Jahr waren zu einer ersten Mieterversammlung[1] der Eisenbahnsiedlung im Ortsteil Baumschulenweg in Treptow-Köpenick noch mehr als 70 Mieter*innen gekommen. Am Montagabend waren es nur noch rund 20, die der Einladung der Mieter*inneninitiative der Siedlung folgten. Dabei zeigt die Arbeit der kleinen Gruppe aktiver Mieter*innen, dass es hilft, sich zusammenzuschließen. Oder wie die Linke-Abgeordnete, die wie die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen die Mieter*innen unterstützt, sagt: »Dass ihr euch gewehrt habt, ist ein Riesenerfolg.«
Vor einem Jahr hatte der Heizkostenschock die Mieter*innen auf die Versammlung getrieben. Teilweise sollten mehrere Tausend Euro für das Abrechnungsjahr 2022 nachgezahlt werden. Aber der öffentliche Protest und die eingereichten Widersprüche wirkten – Vermieter Vonovia korrigierte die Abrechnungen nach unten. Die zum Jahresende 2024 eingetrudelten Abrechnungen für 2023 waren nicht so schockierend, berichtet Nina von der Mieter*inneninitiative, die wie alle Mieter*innen nicht ihren vollen Namen in der Zeitung lesen wollen. Aber der Schein trügt. Hanno, der auch in der Initiative aktiv ist, merkt an: »Wenn die Vorauszahlungen gestiegen sind, dann fühlt sich das nicht so viel an.« Aber am Ende zahle man trotzdem viel zu viel.
Bei der Auseinandersetzung mit den Abrechnungen von 2022 hat die Initiative Erstaunliches herausgefunden. Carsten von der »Zahlen-AG« stellt die Ergebnisse vor. Die hohen Nachforderungen für 2022 seien mit den hohen Gaspreisen begründet[2] worden, berichtet er. Aber: »Für jede Heizeinheit kommt ein unterschiedlicher Gaspreis raus.« Und dass, obwohl in der gesamten Anlage der gleiche Anbieter – die G+D, die zu 49 Prozent Vonovia gehört – mit dem gleichen Vertrag mit der Wärmelieferung beauftragt ist.
Zwischen rund 16 und 22 Cent pro Kilowattstunde schwankt der abgerechnete Preis. Das haben die Berechnungen der »Zahlen-AG« ergeben. Diese Unterschiede liegen an einer kuriosen Berechnungsmethode: Im Vertrag werden für jeden Monat unterschiedliche Gaspreise herangezogen. Allerdings wird nur einmal im Jahr der Gasverbrauch abgelesen. Der Verbrauch werde dann pro Monat geschätzt, so Carsten. In einem Fall sei so die Hälfte des jährlichen Gasverbrauchs rechnerisch in den September gefallen.
Mietenaktivistin Nina berichtet, dass die Kürzungen der Nachzahlungen dann unbürokratisch passiert seien: Der Vermieter habe einfach in ein paar Monaten keinen Verbrauch geschätzt. »Es gibt keine korrekten Abrechnungen«, sagt sie. Zu diesen Problemen kommen immer neue hinzu: Mieterhöhungen, abgerechnete Leistungen, von denen die Mieter*innen anzweifeln, dass sie tatsächlich passieren oder ganz aktuell ausgefallene Heizungen.
Es gibt also immer noch viel zu tun für die Initiative. Aber diese stößt an ihre Kapazitätsgrenzen. Auf die Frage eines Mieters, ob man nicht rechtlich gegen den Vermieter vorgehen könne, entgegnet Nina, dass man das jederzeit machen könnte. »Aber wenn niemand da ist, der das macht, passiert das nicht.« Es ist die Krux, mit der alle Mieteninitiativen zu kämpfen haben: Sich zu wehren, lohnt sich, kostet aber Zeit. Auch deswegen endet die Versammlung mit dem Appell mitzumachen. Und immerhin eine Mieterin sagt, dass sie sich das vorstellen kann.