Moskau. Ein Jahr nach dem Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny[1] in einem Straflager haben Hunderte Moskauer Blumen am Grab des Kremlkritikers niedergelegt. Die Polizei gewährte ihnen Zutritt zum Borissowo-Friedhof, doch wurden die Trauernden von Beamten gefilmt, wie unabhängige Medien meldeten. Unter den Besuchern waren auch ausländische Diplomaten.
Vor dem Friedhof bildete sich eine Schlange von Wartenden. Auch in anderen russischen Städten gab es Gedenkaktionen, darunter in St. Petersburg und Jekaterinburg. In der Millionenstadt Nowosibirsk habe es mindestens fünf Festnahmen bei einer Gedenkveranstaltung für Nawalny[2] gegeben, teilte das Bürgerrechtsprojekt OWD-Info mit. Landesweit waren es mindestens 12.
Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja forderte auf dem Friedhof eine Bestrafung aller Verantwortlichen für den Tod ihres Sohnes. Eines Tages werde »die Wahrheit siegen«, sagte sie. Nawalnys Witwe, Julia Nawalnaja, schrieb bei Instagram, es habe keinen Tag in diesem Jahr gegeben, an dem sie nicht an Nawalny gedacht, mit ihm gelacht, sich innerlich mit ihm beraten, aber auch mit ihm diskutiert habe. »Ich liebe dich sehr, vermisse dich sehr, du fehlst mir so.«
Die russischen Behörden hatten vor Nawalnys Todestag ausdrücklich davor gewarnt, den Borisowski-Friedhof zu besuchen. »Wir geben allen, die vorhaben, dorthin zu gehen, sich aber noch nicht sicher sind, einen kurzen Rat: Gehen Sie nicht!«, hieß es in einer Warnung, die in dem Kreml nahestehenden Kanälen im Onlinedienst Telegram verbreitet wurde. Neben einem Hinweis auf »Big Brother und sein stets wachsames Auge« war die Warnung auch mit einem Foto von einem Schild versehen, das auf die Videoüberwachung des Friedhofs aufmerksam macht.
Nawalny war der bekannteste Gegner von Russlands Präsident Wladimir Putin. 2020 wurde er bei einem Aufenthalt in Sibirien zur Vorbereitung von Regionalwahlen vergiftet und anschließend in der Berliner Charité behandelt.
Bei seiner Rückkehr nach Moskau wurde Nawalny auf dem Flughafen festgenommen und wegen Verstoßes gegen Meldeauflagen aus einem früheren Verfahren in Haft genommen. Nach einem weiteren Prozess wegen Extremismus wurde die Freiheitsstrafe auf 19 Jahre festgesetzt, die er in einem Straflager am Polarkreis absitzen sollte. Zum Zeitpunkt des Todes war Nawalny 47 Jahre alt. Agenturen/nd
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189095.todestag-russland-hunderte-gedenken-alexej-nawalny.html