Wenn am Sonntag der Bundestag[1] gewählt wird, kann erstmals jede Partei nur so viele direkt in den Wahlkreisen gewählte Kandidaten in das Parlament entsenden, wie ihr das errungene Zweitstimmenergebnis auf der Ebene des jeweiligen Bundeslandes zubilligt. Bislang saß jeder Sieger in einem Wahlkreis automatisch im Bundestag. Das führte zu sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandaten und blähte den Bundestag enorm auf. Er zählte zuletzt 733 Abgeordnete. Nur der chinesische Volkskongress hatte noch mehr.
Brandenburgs Landeswahlleiter Josef Nußbaum[2] informierte am Montag über die Konsequenz des neuen Wahlrechts für das Bundesland. Mit den bisher gewährten Überhang- und Ausgleichsmandaten saßen im bisherigen Bundestag 25 in Brandenburg gewählte Politiker. Im künftigen Bundestag können es nicht mehr als 21 sein. Derzeit sehen die Prognosen einigermaßen stabil voraus, dass die AfD neun von zehn brandenburgischen Bundestagswahlkreisen gewinnen wird. Nach den alten Regeln wären alle Sieger von der AfD im Bundestag. Damit ist es aber nun vorbei. Gibt es nun mehr direkt gewählte AfD-Kandidaten als die AfD nach ihren Zweitstimmen in Brandenburg erhalten darf, fallen die Kandidaten mit dem geringsten Ergebnis heraus – und andere Parteien erhalten natürlich auch keine Ausgleichsmandate. Das neue Verfahren soll absichern, dass der kommende Bundestag nicht mehr als 630 Abgeordnete zählt.
Am 23. Februar öffnen in Brandenburg fast 3200 Wahllokale[3]. Das sind knapp 400 mehr als vor vier Jahren. Die Wahlbezirke wurden also im Schnitt wieder etwas kleiner geschnitten. Einer Mitarbeiterin des Wahlleiters zufolge hängt diese Entscheidung auch mit der erwarteten hohen Wahlbeteiligung am Sonntag zusammen. Wenn sich am Wahlabend weniger als 30 Stimmzettel in der Urne finden, muss der Wahlvorstand mit der Urne in ein größeres Wahllokal umziehen, wo die Stimmen dann zusammen mit anderen Stimmen ausgezählt werden. Dadurch soll das Wahlgeheimnis gewahrt bleiben. Bei wenigen Wählern könnten sonst Rückschlüsse gezogen werden, wer wie abgestimmt hat.
Blinde und Sehschwache haben die Möglichkeit, mithilfe einer Person ihres Vertrauens oder auch eines Wahlhelfers in der Kabine ihr Wahlrecht auszuüben. Das betrifft nach Schätzung von Renate Reimann vom Blinden- und Sehschwachen-Verband zwischen 1500 und 2000 Brandenburger.
Laut Landeswahlleiter Nußbaum haben bis zehn Tage vor der Wahl rund 470 000 Brandenburger Unterlagen für die Briefwahl angefordert. Bei der Wahl 2021, unter den Bedingungen der Corona-Pandemie, seien es mehr als 500 000 gewesen. Wer den ausgefüllten Briefwahlumschlag der Post anvertrauen wolle, der müsse ihn, um sicherzugehen, dass er rechtzeitig ankommt, spätestens an diesem Dienstag in den Briefkasten eingeworfen haben. »Sonst könnte es knapp werden.«
Am Sonntag wird zeitgleich mit dem Bundesta[4]g auch der Bürgermeister von Zehdenick (Oberhavel) gewählt. In Hoppegarten (Märkisch-Oderland) findet parallel zur Bundestagswahl die Abstimmung über die Abwahl des Bürgermeisters statt. Wahlleiter Nußbaum versicherte, es seien überall genügend Stimmzettel vorhanden. Überzählige Stimmzettel werden vernichtet.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189115.wahlen-der-bundestag-und-zwei-buergermeister.html