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Brüssel setzt auf Deregulierung
Mehrere Maßnahmenpakete der EU-Kommission sollen die Wirtschaft fördern
Was sieht die sogenannte Omnibus-Verordnung zum Bürokratieabbau vor?
Omnibus bedeutet, dass mit einem Schlag Änderungen an mehreren Gesetzen vorgenommen werden. Nach dem Willen der Europäischen Kommission sollen deutlich weniger Unternehmen in der EU künftig Angaben über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft machen müssen. Demnach haben nur noch große Firmen – 20 Prozent der bislang verpflichteten Betriebe – Bericht über ihre Nachhaltigkeit zu erstatten. Außerdem sollen Vorgaben zu nachhaltigen Investitionen und das EU-Lieferkettengesetz abgeschwächt werden.
Was genau soll am Lieferkettengesetz geändert werden?
Neben einer Verschiebung der ersten Umsetzungsfrist um ein Jahr auf 2028 soll das Vorhaben auch inhaltlich verändert werden. So sollen Unternehmen in der Regel nur noch für Aktivitäten direkter Geschäftspartner verantwortlich sein. Zudem werden mögliche Mindeststrafen und Haftungsrisiken entschärft. Ziel des erst im vergangenen Jahr nach langem Ringen beschlossenen europäischen Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Umweltzerstörungen oder Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
Was sagen Kritiker zu den Omnibus-Plänen?
Menschenrechts- und Umweltverbände befürchten, dass der Omnibus mit Vollgas den »Green Deal« der EU überfährt. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, die EU plane, im Schnellverfahren ohne die übliche Folgenabschätzung und Konsultation Hand an Gesetze zu legen, die über lange Verhandlungen und Kompromisse gefunden wurden. Dies sorge für Verunsicherung bei Unternehmen, die sich bereits auf die neuen Regeln einstellen und investiert hätten. Bei der Lieferkettenrichtlinie warnt Armin Paasch vom katholischen Hilfswerk Misereor, dass Betroffene etwa von Menschenrechtsverletzungen keine Chance mehr hätten, über Zivilgerichte Schadenersatz und Wiedergutmachung zu erlangen. Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini spricht von »Deregulierung unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus«. Das Vorhaben sei ein »Einknicken« von Kommissionschefin Ursula von der Leyen vor der Parteipolitik der konsverativen EVP und dem Lobbydruck bestimmter Verbände.
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Wer findet die Vorhaben gut?
Lob kommt von Teilen der Wirtschaft und Parteien rechts der Mitte im Europaparlament. Der Bundesverband der Deutschen Industrie begrüßt die Verschiebung des Lieferkettengesetzes und dringt darauf, die Zeit für substanzielle Veränderungen zu nutzen. »Gut, dass die Kommission das Lieferkettengesetz entschlackt, es bleibt aber besser, sie würde es zurückziehen«, so Svenja Hahn von der FDP.
Und was sieht der »Clean Industrial Deal« (CID) zur künftigen Ausrichtung der EU-Wirtschaftspolitik vor?
Der Fokus der Förderung soll auf energieintensiven Industriezweigen und »sauberen« Technologien wie etwa Windrädern liegen. Die Kommission kündigt für die nächsten Jahre mehrere Gesetze und Gesetzesänderungen an. So sollen EU-Vorgaben für öffentliche Aufträge überarbeitet werden. Davon könnten europäische Firmen profitieren. Auch will Brüssel Staatshilfen schneller genehmigen.
Ist das ein Kurswechsel?
Legte die EU-Kommission in der letzten Wahlperiode mit dem »Green Deal« ein Maßnahmenpaket für die drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen auf den Tisch, steht nun die Industrie im Fokus. An den Klimazielen werde jedoch festgehalten, beteuert Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Kritiker bemängeln indes, der CID könne je nach konkreter Ausgestaltung auch dafür genutzt werden, den Klimaschutz zu blockieren.
Was ist mit dem Problem der hohen Energiepreise?
Ein ebenfalls vorgelegter Aktionsplan setzt auf mehr langfristige Verträge, um Preisschwankungen entgegenzuwirken. Zudem soll es schnellere Genehmigungen für grünen Strom, mehr Verbindungsleitungen und mehr grenzüberschreitenden Handel geben. Ziel sind Einsparungen für Industrie und Haushalte in Höhe von 45 Milliarden Euro im laufenden Jahr, die dann bis 2030 schrittweise auf 130 Milliarden Euro jährlich steigen sollen.
Woher soll das Geld kommen?
Für die grüne Transformation sind nach Angaben der Kommission dreistellige Milliardeninvestitionen in Energie, Industrie und Transport nötig. Neben öffentlichen Mitteln soll privates Kapital genutzt werden.
Wie geht es weiter?
Die EU-Länder und das Europaparlament müssen nun über die Vorschläge beraten. Wenn sie nicht zustimmen, können sie nicht umgesetzt werden. nd/dpa
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