Seit 2019 wird in der alten Havelland-Grundschule in Zehdenick kein Unterricht mehr erteilt. Das 1908 errichtete Gebäude steht unter Denkmalschutz und wurde dennoch so umgebaut, dass es mit 19 barrierefreien Wohnungen innen kaum wiederzuerkennen ist. »Man staunt, was aus einer ehemaligen Schule alles gemacht werden kann«, sagt Brandenburgs Infrastrukturminister Detlef Tabbert (BSW)[1] am Montag. In der Potsdamer Staatskanzlei präsentiert er am Morgen die Bilanz der Wohnraumförderung für das vergangene Jahr. Die alte Havelland-Grundschule nennt Tabbert als eins von drei Beispielen, für das Fördermittel bewilligt worden seien. Rund vier Millionen Euro habe das Projekt insgesamt gekostet, etwas mehr als drei Millionen Euro Fördermittel seien zur Verfügung gestellt worden, erläutert der Minister.
Weitere 13 Millionen Euro spendierte der Staat für Modernisierung und Instandsetzung am Otterkiez im Potsdamer Plattenbaugebiet Am Schlaatz. Dort wurden in 135 Wohnungen Wasserleitungen und Heizungsrohre erneuert sowie die Bäder saniert. Wärmedämmung und die Nachrüstung von Aufzügen gehörten ebenfalls zu der Baumaßnahme. Alles in allem hat das 19 Millionen Euro gekostet. Drittes Beispiel: In Cottbus wurde eine Baulücke geschlossen. Hier entstanden für 3,8 Millionen Euro elf Eigentumswohnungen. Es gab 3,1 Millionen Euro Fördermittel.
»Im Land Brandenburg sind wir auf einem guten Weg, glaube ich, was bezahlbaren Wohnraum angeht«, sagt Minister Tabbert. »Die Wohnraumförderung ist und bleibt ein wirksames Instrument, um die Menschen mit bezahlbarem und bedarfsgerechtem Wohnraum zu versorgen.« 2024 seien Neubau, Modernisierung und Sanierung von 1269 Wohneinheiten gefördert worden, wovon 1117 Wohnungen mietpreis- und belegungsgebunden sind. 2023 seien rund 900 Wohneinheiten in den Genuss von Zuschüssen oder Darlehen gekommen, darunter damals nur 551 Sozialwohnungen. Mit zugesagten 212 Millionen Euro habe Brandenburg im vergangenen Jahr noch einmal deutlich zulegen können bei der Wohnraumförderung.
»Wegen der aktuell immer noch sehr angespannten Situation im Bausektor mit stark gestiegenen Materialpreisen und Zinsen ist es das Ziel der neuen Landesregierung, die Wohnraumförderung auf hohem Niveau fortzusetzen«, versichert Tabbert. Eine konkrete Summe könne er aktuell jedoch nicht nennen. Die Haushaltsverhandlungen laufen. Insgesamt muss Finanzminister Robert Crumbach (BSW) darauf achten, dass die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen, da es bei den Einnahmen hapert.
Dabei sind viele Wohnungsbauprojekte, die früher frei finanziert worden wären, inzwischen auf Fördermittel angewiesen, damit sie überhaupt noch realisiert werden können. Im vergangenen Jahr sind viermal mehr Fördermittel beantragt worden, als bewilligt werden konnten.
Neubau mit sozial verträglichen Mieten sei wirtschaftlich nicht mehr darstellbar, warnte erst am Mittwoch der Verband Berlin-Brandenburger Wohnungsunternehmen (BBU)[2]. In Brandenburg sei die Zahl der Wohnungen, die Baugenehmigungen erhielten, 2024 um 19 Prozent auf nur noch 9142 gesunken. »Hier muss gegengesteuert werden«, forderte BBU-Chefin Maren Kern[3]. »Ohne mutige Entscheidungen der Politik drohen in den nächsten Jahren sonst weitere Engpässe und steigende Mieten«, erklärte Kern. Notwendig seien massive Förderprogramme, die als Konjunkturprogramm wirken würden.
»Mehr Geld für sozialen Wohnungsbau ist immer sinnvoll, reicht jedoch nicht, um das Versorgungsproblem grundsätzlich zu lösen«, meint dagegen die Bundestagsabgeordnete Isabelle Vandré (Linke)[4]. Das Ministerium räume ein, dass höhere Baukosten dazu führen, »dass auch Private für frei finanziert geplante Wohnungen die Förderung in Anspruch nehmen«. Nach Einschätzung von Vandré sind das »Mitnahmeeffekte«, die sich nach Auslaufen der Mietpreis- und Belegungsbindung rächen werden. »Statt Private zu fördern, sollte das Ministerium die Wohnraumförderung nur noch an jene vergeben, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind[5]: an kommunale Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften«, sagt Vandré. Und natürlich brauche es einen Mietendeckel.