»Wahrscheinlich hast du es schon mitbekommen, aber der Starttermin hat sich auf März verschoben«, schrieb mir die Kollegin, bei der ich im Januar einen Vorab-Einblick in die Lifestyle-Sendung »With Love, Meghan« erbeten hatte. In Los Angeles wüteten die Waldbrände[1] als wir die Mails austauschten und im Internet wüteten Hater gegen Meghan Markle und ihre angekündigte Serie: »Die Welt brennt und Meghan ist komplett abgehoben und macht Katastrophentourismus in den Brandgebieten um ihre Kochtipps für die Superreichen zu promoten« – so ungefähr krähten einige ins Internet über die Herzogin von Sussex und Ehefrau von Prinz Harry[2] (die übrigens nicht mehr den Namen Markle führt, aber dazu später mehr).
Der Start von »With Love, Meghan« wurde dann auf Anfang März verschoben – auch aus Pietätsgründen wegen der kalifornischen Feuer. Die Leute rasteten trotzdem aus. Hätte man nicht gewusst oder geahnt um was es in dieser angekündigten Lifestyle-Sendung geht (obwohl man bereits ein paar Bilder sah, zum Beispiel von sehr harmlosen Tomate-Mozzarella-Bällchen in Marienkäfer-Optik), hätte der Shitstorm den Eindruck erwecken können, dass Meghan an einer Serie zur Heiligsprechung von Brandstiftern und Serienmördern mitgewirkt habe.
Jetzt laufen die acht Episoden auf Netflix, und die Meghan-Show ist so ziemlich das harmloseste, netteste und für royale Verhältnisse sogar relativ bescheidene Unterhaltungsfernsehen, seit es Hausfrauen-Content [3]gibt. Beruhigt haben sich die Hater trotzdem nicht. Dabei gibt es nichts, was einen bei »With Love, Meghan« auf die Palme bringen könnte. Nichts ist problematisch oder böse oder zynisch. Stattdessen gibt es kleine Momente der Freundlichkeit – etwa dann, wenn Meghan dem Kameramann, mit dem sie während der ganzen Sendungen quatscht, ungefragt einen Kaffee macht. Alles ist so nett und fast schon egal, dass man eigentlich nur ein Arschloch sein kann, wenn man wegen einer solchen Sendung am Rad dreht.
Gedreht wurde in einem kleinen gemütlichen Cottage mit malerischem Garten, in dem sie, mit einem »Wicker Garden Tug«-Korb ausgestattet, Blumen und Gemüse pflückt. Wer das für einen Weltuntergang hält, der hat noch nie eine Lifestyle-Sendung gesehen – und sollte es auch nicht. In jeder Episode wird ein Freund oder eine Freundin eingeladen, in der finalen Folge gibt es eine Party, auf der dann auch mal Prinz Harry sekundenweise auftaucht. Von ihm hört man ansonsten nicht viel, sondern erfährt nur, dass er den Geruch von Speck liebt. Dazu ein süßer Soundtrack. Einfach genau die richtige Show für den kleinen Sekundenschlaf auf dem Sofa am Abend. Hier und da kriegt man vielleicht noch zwei bis drei nette Tipps.
»Das hier ist natürlich nicht mein Haus«, betont Meghan schon in der ersten Folge, und erklärt, dass das Cottage in Santa Barbara für die Dreharbeiten angemietet wurde. Dabei sieht sie aus, als hätte sie schon jeden Vorwurf einkalkuliert, der ihr für die Sendung gemacht werden könnte. Zum Beispiel, dass eben nicht ihr Haus in Montecito die Drehkulisse ist.
Natürlich wäre es sehr einfach, etwas Gehässiges über »With Love, Meghan« zu sagen. Man könnte behaupten, dass die Show mindestens zehn Jahre zu spät kommt. Schließlich konnte man bei Nigella Lawson, Martha Stewart und auch bei »Kochen mit Martina und Moritz« auf dem WDR – für alle, die deutschen Content bevorzugen – bereits vor über einem Jahrzehnt raffiniertere Dinge lernen. Oder, dass im Zeitalter von Homemaking Content, bei dem Menschen ihren eigenen Mozzarella ansetzen, ein schnöder Tomate-Mozzarella-Marienkäfer der Beweis schlechthin ist für komplettes Totalversagen am Herd. Oder – wie eine royale Lästerseite auf »X« entsetzt bemerkte – dass man Epsom-Badesalz auf keinen Fall mit ätherischen Ölen mixen sollte, weil es sonst zu Hautirritationen kommen könnte. Und, dass es gar keine Enthüllungen und spannende Momente gibt (außer vielleicht dem, wo Meghan der Schauspielerin Mindy Kaling eröffnet, dass sie schon lange nicht mehr Markle heiße, sondern nun »eine Sussex« sei – und wie fabelhaft das wäre, so zu heißen wie die eigenen Kinder).
Das alles ist ein bisschen ewiggestrig und tradwife-ig und vielleicht auch öde – aber auch erwartbar. Irgendwie wird eben doch noch royales Protokoll verfolgt, nichts ist peinlich oder grell oder überraschend, und Meghan gibt sich hemdsärmelig, aber auch sehr aufgeräumt. Ihre beigen oder weißen Sweater bekommen kein einziges Fleckchen ab, die Haare sitzen, das praktizierte »Daydrinking« ist moderat. Und alles, was sie präsentiert, ist im Prinzip auch für Normalos machbar: Joghurt, Aprikosenmarmelade und Himbeeren schichten, eine Crudité-Platte mit Rohkost anrichten, ein paar Cracker in einen schöneren Beutel umfüllen – viele der »With Love, Meghan«-Ingredienzien sind im heimischen »Aldi« zu bekommen. Und selbst der weiße Le Creuset-Topf, mit dem Meghan hantiert, scheint im Vergleich zum 30.000 Dollar-Herd von Tradwife Hannah Neeleman nahezu wie ein Symbol herzoglicher Bescheidenheit – zumindest, wenn man gerade 230 Euro locker und Zugang zu einem Onlineshop mit skandinavischem Namen hat (ich habe gegooglet).
Wer weniger Geld, aber trotzdem Konsumwillen hat, kann es dann auch mit einer Zara-Hose oder dem besagten »Wicker Garden Tug«-Korb versuchen. Letzterer ist immer noch billiger als die (meiner Meinung nach) hässlichen Reisenthel-Modelle. Nein, bei normalen Influencer*innen ohne Herzogintitel habe ich schon abgehobenere Sachen gesehen als bei Meghan. Das kann nicht das Problem sein. Aber es ist der alte Hass auf Frauen, auf DIY, auf Homemaking-Content, der bei ihren Kritiker*innen durchschimmert, als hätte Meghan in Wahrheit nicht eine frisch gebackene Fritatta für ihre Freundin, sondern einen weiteren Weltkrieg angekündigt.