Im vergangenen Jahr sankt die von der Polizei in Brandenburg registrierte Zahl von Rauschgiftdelikten von 7712 auf nur noch 4953. Diesen Rückgang um stolze 35,8 Prozent führt Polizeivizepräsident Jan Müller auf die teilweise Legalisierung des Cannabiskonsums im April zurück. Nicht jeder Kiffer läuft noch Gefahr, ins Visier von Polizei und Justiz zu geraten. Es gibt mittlerweile Möglichkeiten, über einen Verein oder einen Klub legal an Cannabis heranzukommen. Gleichzeitig besteht aber der illegale Handel fort – und sorgt für weiterhin noch rund die Hälfte der Fälle von Rauschgiftkriminalität. Das erläutert Müller am Montag, als er gemeinsam mit Innenministerin Katrin Lange (SPD) die jüngste Kriminalitätsstatistik[1] vorstellt. Müllers Auffassung nach stellt Kiffen nach wie vor ein Problem dar, insbesondere für den Straßenverkehr. Die Zahl der Verkehrsunfälle, die von bekifften Fahrern verursacht[2] worden sind, hat seit April zugenommen.
Die Entwicklungen bei den Rauschgiftdelikten sind leicht erklärbar. Schwer verständlich ist dagegen, dass in Brandenburg statistisch alle fünf Tage Feuerwehrleute, Sanitäter, Notfallmediziner und andere Rettungskräfte angegriffen werden. 72 solcher Fälle hat es im vergangenen Jahr gegeben. »Man kann sich ja als normaler Mensch nur an den Kopf fassen«, sagt Innenministerin Lange. Immerhin retteten die Angegriffenen Leben, gegebenenfalls auch das Leben der Angreifer. Die Gesetze seien bereits verschärft worden. Eine noch härtere Bestrafung zu ermöglichen, hält die Innenministerin deshalb nicht für erforderlich. Sie wünscht sich lediglich, dass der mögliche Strafrahmen auch ausgeschöpft werde, wenn es angemessen erscheine.
Insgesamt sind im vergangenen Jahr in Brandenburg 176 614 Straftaten registriert worden. Das waren 5,2 Prozent weniger als im Jahr 2023. Es gab insgesamt weniger Diebstähle (minus 9,7 Prozent) und insbesondere trotz gestiegener Lebenshaltungskosten und erhöhter Lebensmittelpreise auch weniger Ladendiebstähle (minus 13,1 Prozent). Es wurden weniger Fahrräder geklaut (minus 16,8 Prozent), allerdings etwas mehr Kraftfahrzeuge (plus 2,4 Prozent).
Die Zahl aller Straftaten ist gesunken, obwohl die Kontrollen an der polnischen Grenze dazu geführt haben, dass 19 921 Verstöße gegen das Asylrecht die Statistik nach oben treiben. Es handelte sich hier also in der Hauptsache schlicht und einfach um Flüchtlinge, die über die polnische Grenze nach Deutschland gekommen sind, um Asyl zu beantragen. Diese Flüchtlinge hätten sich in aller Regel, wenn sie nicht gleich von der Polizei aufgegriffen worden wären, noch von sich aus bei den Behörden gemeldet. Unter anderem darum sind die Grenzkontrollen umstritten, weil sie gar nichts anderes bewirken, als Staus zu verursachen. Das ist für die zur Arbeit nach Berlin und Brandenburg pendelnden Polen ein Ärgernis. Nichtsdestotrotz ist die Innenministerin dafür, die Grenzkontrollen fortzusetzen, »solange es notwendig ist«.
Wenig überraschend ist die Aufklärungsquote bei der illegalen Einreise mit 90 Prozent sehr hoch. Das führt dann dazu, dass die allgemeine Aufklärungsquote von 53,1 auf 58,4 Prozent gestiegen ist. Den verzerrenden Effekt herausgerechnet, bleibt aber immer noch eine auf 53,3 Prozent gestiegene Aufklärungsquote.
Knapp zehn Prozent aller verübten Straftaten sind Körperverletzungen. Das ist der höchste Stand seit 15 Jahren. Sorge bereiten der Ministerin die um 2,9 Prozent auf 16 978 Fälle gestiegene Zahl der einfachen Körperverletzungen und noch mehr die 5335 Fälle von Gewaltkriminalität. Bei der Gewaltkriminalität werde die einfache Körperverletzung nicht mitgezählt, erläutert Lange. Hier erfasst werden stattdessen besonders schwere Verbrechen wie Mord, Totschlag, Vergewaltigung, räuberische Erpressung sowie schwere und gefährliche Körperverletzungen. Nun ist die Fallzahl immerhin um drei Prozent gesunken. Gewaltkriminalität macht auch nur einen geringen Anteil aller Straftaten aus. Aber sie beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ganz besonders, weiß die Ministerin.
Bei Fällen von Gewaltkriminalität sind 69 Prozent der Tatverdächtigen deutsch, 31 Prozent sind es nicht – und 15,5 Prozent der nicht deutschen Tatverdächtigen sind Zuwanderer. Die Innenministerin verweist darauf, dass dieser Anteil überproportional sei[3], da der Ausländeranteil in Brandenburg lediglich 7,5 Prozent betrage. »Ja, das ist ein Problem«, sagt sie. Und: »Nein, die Innenministerin gedenkt nicht, darum herumzureden.«
Die Zahl der Messerattacken ist von 649 auf 728 gestiegen. 448 Tatverdächtige, die ein Messer zückten, sind Deutsche und damit 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. 280 Tatverdächtige sind keine deutschen Staatsbürger. Das sind 37,3 Prozent mehr als 2023. Bei den 179 Zuwanderern, die als Tatverdächtige festgestellt worden sind, beträgt der Zuwachs sogar 46,7 Prozent. »Ich halte nichts davon, solche Tatsachen unter den Teppich zu kehren«, sagt Politikerin Lange. Sie erwähnt noch, dass 70 Prozent der Opfer von Messerangriffen unverletzt geblieben sind.
Der Vollständigkeit halber hätte Innenministerin Lange allerdings hinzufügen müssen, dass die Geflüchteten häufig junge Männer sind und dass auch deutsche junge Männer häufiger Straftaten begehen als die im Schnitt sehr alte Bevölkerung in Brandenburg.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189645.polizei-weniger-diebstaehle-mehr-gewalt.html