Früher, da war Politik schön einfach. Zur Zeit der Blockkonfrontation zwischen Ost und West zum Beispiel. Der Feind sammelte sich – so wurde es uns als Kindern im Westen eingeredet – unter dem roten Banner mit Hammer und Sichel oder Zirkel und Ährenkranz, um in einem unbemerkten Moment in die Bundesrepublik vorzustoßen, um anschließend das ganze Land in eine stalinistische Diktatur zu verwandeln. Das war natürlich Blödsinn, hielt die hohen Herren in Bonn aber nicht davon ab, etwas weniger als 500 000 Mann in die Kasernen zu beordern. Zur Verteidigung, versteht sich. Mit dem Ende des Sozialismus in Mittel- und Osteuropa wurde die Bundeswehr dann systematisch in eine Interventionsarmee umgewandelt. Der Bombenkrieg gegen Jugoslawien und die Besatzung Afghanistans waren die Folge.
Heute ist Politik ähnlich einfach wie vor 1989. Wieder steht der Feind angeblich Gewehr bei Fuß, um in den Westen durchzubrechen. Hunderte Milliarden Euro investiert die Bundesregierung in den kommenden Jahren, um die Russen – inzwischen nicht mehr unter roter Fahne – aufzuhalten. Doch wer soll das machen? Seit der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Wehrpflicht vor mehr als zehn Jahren ausgesetzt hat, ist die Bundeswehr auf rund 182 000 Männer und Frauen geschrumpft. Selbst wenn man das glaubt – ein Angriff Putins ließe sich damit nicht zurückschlagen. Zumal er inzwischen gemeinsame Sache mit dem Irren im Weißen Haus macht.
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Deshalb soll die Wehrpflicht wieder eingeführt werden.[2] Der amtierende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte dazu einen Vorschlag unterbreitet: Demnach sollen junge Männer ab 18 Jahren Auskunft über ihre Bereitschaft zum Militärdienst geben. 40 000 Personen sollen zur Musterung eingeladen und 5000 eingezogen werden. So will man die Mannschaftsstärke der Bundeswehr sukzessive erhöhen. Abschreckung durch Aufrüstung – auch personell.
Beschlossen ist noch nichts, doch es deutet einiges darauf hin, dass es auf ein Prozedere ähnlich dem Vorschlag von Pistorius hinausläuft. Die Union drückt mittlerweile aufs Tempo. »Die Aussetzung der Wehrpflicht passt nicht mehr zur aktuellen Gefährdungslage«, erklärte CSU-Politiker Florian Hahn. »Noch im Jahr 2025 müssen die ersten Wehrpflichtigen durch die Kasernentore schreiten.« Andere Unionspolitiker plädieren für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, das beispielsweise bei der Bundeswehr oder der Feuerwehr abgeleistet werden kann.
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Ich habe den Dienst an der Waffe im Jahr 2000 verweigert. Und ich würde es immer wieder tun. Ein Staat darf nämlich niemanden dazu verpflichten, anderen Menschen das Leben streitig zu machen. Doch eine wenn auch abgespeckte Wehrpflicht soll junge Menschen genau dazu motivieren. Es könnte zudem eine Vorstufe zu einem Zwangsdienst sein, ähnlich wie wir ihn bis 2011 hatten. Auf jeden Fall wäre die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht ein weiterer Schritt in eine militarisierte Gesellschaft, die bereits heute beängstigende Ausmaße angenommen hat.
Am Ende des Tages ist das »Soldatenhandwerk« eine Ausbildung zum Töten. Und das ist nichts, was wir jungen Menschen zumuten sollten. Füher nicht, heute nicht und auch in Zukunft nicht.