US-Präsident Donald Trump erhebt Anspruch auf Grönland. Doch auch die Europäische Union und selbst das ferne China zeigen Interesse zumindest an den Rohstoffen des zu Dänemark gehörenden größten Eilands auf der Erde. Der Grund: Der arktische Eisschild schmilzt rasant. Und dies wird in wenigen Jahren den Zugriff auf bislang unzugängliche Rohstoffvorkommen in Grönland und in dessen »ausschließlicher Wirtschaftszone« im Atlantik und Nordpolarmeer erleichtern. [1]
Bergbau wurde auf der einst grünen Insel bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in kleinerem Umfang betrieben. Grönland verfügt jedoch weiterhin über ein erhebliches ungenutztes Potenzial: Es gibt Vorkommen von 27 der 34 von der EU als »kritisch« eingestuften Mineralien, darunter seltene Erden, Graphit, Platingruppenmetalle und Niob. Auch Gold und Diamanten, Öl und Erdgas lagern in erheblichem Umfang in der Erde. Dies geht aus einer ausführlichen Expertise Grönlands und Dänemarks über die Vorkommen und ihre Lage aus dem Jahr 2023 hervor, die dem »nd« vorliegt.
Doch der größte Teil der Landfläche der Insel – sechs Mal so groß wie die Bundesrepublik – ist eisbedeckt. Und die meisten Einwohner leben an der eisfreien, von Fjorden gesäumten Küste im Südwesten. Dadurch ist die Wirtschaft bisher auf Fischerei angewiesen, die über 95 Prozent der Exporte ausmacht. [2]Zudem fließen aus Dänemark jährlich Subventionen in Höhe von etwa einer Milliarde Euro.
Im November 2023 hatten die Europäische Union und Grönland eine strategische Partnerschaft gegründet, um eines Tages nachhaltige Wertschöpfungsketten zu schaffen. Da das autonome Territorium des Königreichs Dänemark seit einer Volksabstimmung in den 80er Jahren nicht mehr Teil der EU ist, fällt die Partnerschaft formal unter die »externe Strategie« zu kritischen Rohstoffen der EU. Entwickelt werden sollen gemeinsame Projekte entlang hoher internationaler Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards. So will die EU sicherstellen, dass der grönländische Rohstoffsektor zu einem »Hebel für nachhaltiges und integratives Wirtschaftswachstum« wird, heißt es in dem Partnerschaftspapier.
Bis in Grönland Rohstoffe in größerem Umfang gefördert werden, könnten allerdings noch Jahrzehnte vergehen. Die lokale Industrie gilt als unterentwickelt und erfordert hohe Anlaufkosten für die Infrastruktur unter extrem rauen Wetterbedingungen. Zudem werden Aktivitäten von Umweltaktivisten von den Rohstoffunternehmen als weitere Hürde empfunden. Auch die geringe Bevölkerungszahl von etwa 56 000 Einwohnern stellt Grönland mit Blick auf qualifizierte Arbeitskräfte vor große Herausforderungen. Darüber hinaus gibt es derzeit keine wettbewerbsfähige Gesetzgebung für ausländische Direktinvestitionen. Auch die Deutsche Rohstoffagentur weist darauf hin, dass Bergbaufirmen außerdem erst die weltweit geltenden lagerstättenspezifischen Mindestanforderungen an neue Förderprojekte in ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigen müssten. Hinzu kommen die extrem hohen Genehmigungsauflagen aufgrund der ökologischen Sensibilität des arktischen Lebensraums. Die Gewinnung von Rohstoffen in der Arktis dürfte daher auch in Zukunft die Ausnahme und nicht die Regel sein.
Als Hemmnis für wirtschaftliche Interessen gilt außerdem die Sicherheitspolitik, die von der dänischen Regierung bestimmt wird. Für die USA ist die riesige Insel in der Arktis von hoher strategischer Bedeutung. Sie unterhalten dort den Luftwaffenstützpunkt Pituffik Space Base mit einem Frühwarnsystem für ballistische Raketen, da der kürzeste Weg von Europa nach Nordamerika über Grönland führt. Geologisch ist die Insel Teil des nordamerikanischen Kontinents, die Hauptstadt Nuuk liegt näher an New York als an Kopenhagen.
Anfang Januar hatte Präsidentensohn Donald Trump Jr. die Insel besucht – offiziell handelte es sich dabei um eine private Reise. Am selben Tag schloss Trump Senior bei einer Pressekonferenz in seinem Anwesen in Florida militärische oder wirtschaftliche Schritte nicht aus, um die Kontrolle über Grönland zu erlangen. »Das ist ein Deal, der zustande kommen muss«, so Präsident Trump, der auch auf den Panamakanal und die Rohstoffvorkommen der Ukraine ein Auge geworfen hat. 2019, in seiner ersten Amtszeit, hatte Trump für einen Kaufvorschlag eine klare Absage aus Dänemark und Grönland erhalten.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189711.arktis-klimawandel-weckt-begehrlichkeiten.html