nd-aktuell.de / 13.03.2025 / Berlin / Seite 1

Berlin: Lockere Bremse für feste Zukunft

Landespolitik hofft auf mehr Spielraum bei Schulden

Marten Brehmer
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) spricht bei der Plenardebatte im Abgeordnetenhaus.
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) spricht bei der Plenardebatte im Abgeordnetenhaus.

Die Koalitionsverhandlungen im Bund strahlen bis nach Berlin: Die im Sondierungspapier skizzierte Reform der Schuldenbremse dürfte auch für die Länder zusätzliche finanzielle Spielräume schaffen. Demnach sollen die Länder künftig maximal 0,35 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts an zusätzlichen Schulden aufnehmen dürfen. Für Berlin, das schon seit mehr als einem Jahr in einer tiefen Haushaltskrise steckt, [1]könnte das etwas dringend benötigte Luft bedeuten.

»Wir werden weiter konsolidieren, aber wir werden auch weiter investieren«, erklärte Finanzsenator Stefan Evers (CDU) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus die Linie des Senats. Sparen und gleichzeitig mehr Geld ausgeben – in der Welt der Haushaltspolitik ist das durchaus möglich. »Generationen nach uns könnten ein zertrümmertes Gemeinwesen vorfinden«, warnte Evers. Auf welche Art und Weise zertrümmert, das hänge aber von vorherigen Entscheidungen ab. Die Politik könnte einen Schuldenberg hinterlassen, unter dessen Zinslast künftige Generationen kaum politisch handeln könnten. Oder, die Politik macht zwar keine neuen Schulden, lässt dafür aber die Infrastruktur verrotten.

»Wenn die Frage ist, ob es besser ist, eine Schule nicht zu bauen oder neue Schulden aufzunehmen, entscheide ich mich in dieser Abwägung für den Schulbau«, sagte Evers. Das bedeute aber nicht, dass man endlos neue Schulden aufnehmen könne. »Wir nehmen Schulden auf, weil wir es müssen, nicht, weil wir es wollen«, sagte Evers. Die Konsolidierung müsse aber mit einer Entbürokratisierung verbunden werden. »Wir müssen die Behörden von dem befreien, was sie lähmt und zu viel kostet«, sagte Evers.

Die Einigung im Bund begrüßte Evers. »Wir befinden uns in der größten Krise der Nachkriegsgeschichte und sind nicht darauf vorbereitet«, sagte er. Nicht nur der Krieg in der Ukraine, sondern auch demografischer Druck machten neue Wege in der Haushaltspolitik unausweichlich. Er warnte aber, dass die neuen Schuldenregeln für die Länder dazu führen könnten, dass Zuschüsse aus dem Bund wegfallen. »Es kann nicht sein, dass nur umgetopft wird«, warnte Evers. Sonst könnte Berlin am Ende sogar mit weniger Geld dastehen als vor der Reform.

Am liebsten ganz auf die Schuldenbremse verzichten würde die Linkspartei. »Schulden sind per se weder ein gutes noch ein schlechtes Mittel«, sagte Steffen Zillich, haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion. Es komme vielmehr auf den konkreten Zweck an, für den sie aufgenommen würden. »Für diesen Zweck ist die Schuldenbremse blind«, so Zillich. Mit der Schuldenbremse schränke das Parlament daher die eigene Handlungsfähigkeit ein[2]. Das sei eine »Selbstverzwergung« der Legislative.

Mit dem Sondierungsergebnis ist Zillich nicht zufrieden. »Was vorliegt, reicht nicht aus«, sagt er. Das Sondervermögen entlaste die Haushalte zu wenig. Vor allem aber könnte die zaghafte Reform bedeuten, dass anschließend lange Zeit nichts mehr bei den Schuldenregeln passiert. »Eine substanzielle Reform rückt in weite Ferne«, so Zillich.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189269.haushalt-grossdemonstration-gegen-berliner-kuerzungspolitik.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1186926.sozialkuerzungen-haushaltskuerzungen-auf-zur-nachtwaechterstadt.html