nd-aktuell.de / 19.03.2025 / nd-Commune / Seite 1

Es war einmal …

Mit dem Wandel der Zeitungsbranche verschwinden klassische Vertriebswege

Vorstand der nd.Genossenschaft
Klappt immer weniger: die pünktliche Zustellung einer gedruckten Zeitung
Klappt immer weniger: die pünktliche Zustellung einer gedruckten Zeitung

Eigentlich ist es noch gar nicht so lange her, da waren die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen für die Zustellung von Zeitungen stabil: Auslieferungen erfolgten pünktlich, Preisänderungen seitens der Zustellerfirmen wurden langfristig angekündigt und bewegten sich meist im einstelligen Prozentbereich. In den vergangenen vier Jahren hat sich dies aber grundlegend geändert: Durch eine Mischung aus Inflation und einer abnehmenden Zahl von Menschen, die eine gedruckte Zeitung abonnieren, kam es zur Preisexplosion.

Nicht nur das »nd« hat immer weniger Abonnenten und Abonnentinnen. Insgesamt ist die Auflage deutscher Tages- und Sonntagszeitungen (inklusive E-Paper) zwischen 1995 und 2023 um mehr als 50 Prozent gesunken – von rund 30,2 Millionen Exemplaren auf rund 11,5 Millionen Exemplare. Blickt man nur auf gedruckte Ausgaben, sank die Auflage sogar um mehr als drei Viertel: auf 8,5 Millionen im Jahr 2024. Denn das Leseverhalten hat sich grundlegend verändert: Die tägliche Zeitungslektüre am Frühstückstisch weicht dem selektiven Medienkonsum auf mobilen Geräten. Leser konsumieren Nachrichten häufiger in kurzen Zeitfenstern zwischendurch, fragmentiert über den Tag verteilt – dabei häufig auch aktueller, als es eine gedruckte Zeitung je sein kann. Das ist die Erwartung vieler Menschen: aktuelle Nachrichten, jederzeit verfügbar.

Abhilfe schaffen da Apps, Webseiten und Digital-Abos. Es entstehen direkte Vertriebswege vom Medium zum Leser, die klassische Vertriebskette vom Druckhaus über den Großhandel zum Einzelhändler verliert hingegen an Bedeutung. Während früher Zeitungszusteller in den frühen Morgenstunden durch Wohngebiete eilten, werden heute vielerorts Verteilzentren zusammengelegt und Zustellgebiete vergrößert, um Kosten zu senken. Gleichzeitig haben Botenzusteller nicht genügend Personal, um kurzfristige Ausfälle zu kompensieren. Die Vertriebsrouten müssen andauernd und kurzfristig verändert werden, eine Preiskalkulation über einen längeren Zeitraum wird so unmöglich.

Sie, liebe Abonnentinnen und Abonnenten, dürften die Auswirkungen dessen schon zu spüren bekommen haben. Immer wieder kommt das »nd« zu spät oder gar nicht: im März im Raum Frankfurt (Oder), im Januar im Raum Leipzig und im November 2024 im Süden Brandenburgs. Mittlerweile erleben wir Ausfälle bei der Zustellung in einem Umfang und einer Häufigkeit, die früher unbekannt waren. Und wir versuchen, auf diese Probleme schnell zu reagieren: Unsere Kollegen und Kolleginnen im Abo-Service stehen Ihnen zur Seite und senden Ausgaben nach, im Verlag versuchen wir, die Strukturen zu »flicken«. Auf Dauer kann eine solche Flickschusterei jedoch keine Lösung sein. Auch deswegen werden wir »nd.DieWoche« ab Mai schon freitags ausliefern, also einen Tag früher als bisher, um eventuelle Zustellprobleme abzufangen und eine Lektüre zum Wochenende so gut es geht garantieren zu können.

Zwischen erodierenden Strukturen und neuen Geschäftsmodellen, zwischen traditionellen Printausgaben und digitaler Innovation wollen wir den Weg in eine stabile Zukunft gehen. Wir freuen uns, wenn Sie diesen Weg weiter mit uns gehen, denn bereits jetzt ist klar: Ein Abo ist schon lange nicht mehr nur das Geld für eine gedruckte Zeitung, sondern auch die Sicherung des Journalismus von links.