Der Ausgang der Bundestagswahl ließ aufatmen, doch auf dieser anfänglichen Euphorie dürfen sich weder Die Linke noch ihre Anhänger*innen und Sympathisierenden ausruhen. Während die Fraktion ihre von Tausenden Aktiven hart erkämpften Parlamentsräume bezieht, muss allen Mitgliedern – ob neu dabei oder schon jahrelang in Gremien aktiv – klar werden, worauf es jetzt ankommt.
Abstrahiert man vom Erfolg in den Sozialen Medien und den Mobilisierungsdynamiken im Wahlkampf, dann muss konstatiert werden, dass das starke Wahlergebnis vor allem einer Strategie zu verdanken ist[1]: Die engagierten Genoss*innen, die diesen Wahlkampf an der Basis organisierten, haben es verstanden, einer originär sozialdemokratischen (und lange vergessenen) Strategie wieder Leben einzuhauchen. Die Partei war nah bei den Menschen, kannte ihre Sorgen und Nöte und hatte einen klaren Fokus auf soziale Themen.
Auf parlamentarischer Ebene wird der Auftrag damit deutlich: Die kommenden Entscheidungen der Regierung Merz rund um Investitionspakete, Aufrüstung und Infrastruktur werden keine der sich verschärfenden Krisen im alltäglichen Erleben ändern. Supermarktpreise werden nicht sinken, Wohnraum wird nicht günstig und ausreichend vorhanden sein, von der Rente nicht zu reden. Hier gilt es, den Klassenkampf zu intensivieren.
Der Wahlerfolg der Linken sollte nicht über den eigentlichen Triumph gestellt werden: den Eintritt Zehntausender neuer Mitglieder. Eine linke, gesellschaftlich starke Kraft wird nicht vor allem im Bundestag organisiert, sondern in den Kneipen, Kulturräumen, Kommunalparlamenten und Stadtverbänden. Eine Parteibasis, die doppelt so stark ist wie die der AfD, kann die politische Hegemonie in Deutschland und in Europa nachhaltig verändern. Dieses Moment muss aufgegriffen und weiter befördert werden.
Man kann nicht davon ausgehen, dass die zahlreichen Neumitglieder politische Erfahrungen und theoretisches Wissen in dem Maße mitbringen, wie sie Energie in den Wahlkampf gesteckt haben. Diskursive Räume und strategische Debatten müssen geöffnet und zugänglich gemacht werden, um langfristig wirkende politische Bildung und Beteiligung zu ermöglichen. Dabei sollten die Erfahrungen zurückliegender Kämpfe einbezogen werden: Wer schon Occupy und Blockupy, Syriza und Oxi erlebt hat, weiß, dass halbgare Versprechen und Anpassung an zentristische Gruppen den schnellen Tod starker Bewegungen bedeuten.
Die Linke hat nun die Möglichkeit, eine glaubwürdige Alternative zum gescheiterten »Weiter so« anbieten zu können. Diese Verantwortung muss überall in der Partei ankommen und gelebt werden. Dass sie sich auf einem guten Weg befindet, macht das starke Ergebnis bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft deutlich. Der Kampf ist nicht vorbei. Er beginnt jetzt erst.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189926.linkspartei-worauf-es-fuer-die-linke-jetzt-ankommt.html