Einst, es ist schon ein paar Jahre her, lebte auch ich in einer sogenannten WG. Schon weit über ein halbes Jahrhundert wähnt die (west-)deutsche Linke in dieser Form des Hausens die Keimzelle für eine kommende Gesellschaft, den Ort, an dem man andere Arten des Zusammenlebens modellhaft ausprobieren kann. Nun ja, man kann sich jede Zweckgemeinschaft zur Wohnkostenreduzierung politisch schönreden.
In meiner letzten WG herrschte starke Fluktuation und so wohnte ich mit einer Vielzahl von Idioten mit Hochschulzulassung zusammen. Ein Kurzzeitmitbewohner ist mir dadurch in Erinnerung geblieben, dass er erklärte, er könne die Waschmaschine nicht bedienen. Es stellte sich heraus, dass es nicht an dem konkreten Modell scheiterte, sondern dass er ganz grundsätzlich mit dem Vorgang des Waschens nicht vertraut war und also »Unterstützung« einforderte. Das hat wenig mit dem Prinzip Solidarität zu tun, mehr schon mit dem der klassischen Arbeitsteilung in kapitalistischen Gesellschaften. Mit solchen Menschen, lernte ich in dieser Phase meines Lebens, ist wohl eher kein Staat zu machen, schon gar kein sozialistisch verfasster.
Bei dem Festival »Every Day. Feministische Kämpfe im post-sozialistischen Europa«, zu dem das HAU Berlin geladen hat, und den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern kann man von einem anderen Erfahrungsschatz ausgehen. Und auch bei der »Dirty Laundry«, einer Theaterarbeit der moldawischen Regisseurin und Autorin Nicoleta Esinencu, die in diesem Rahmen entstanden ist, kann man drei Performer – Artiom Zavadovsky, Doriana Talmazan und Kira Semionov – erleben, die nicht nur die Drecksarbeit mit der Wäsche selbst erledigen können, sondern politisch reflektiert zum Thema reden, singen, schreien.
Bereits zum Einlass wummern monoton technoide Beats. Der Sound bleibt für die nächsten hundert Minuten derselbe. Elektronische Musik unter Einsatz von Loop-Maschinen wird live auf der Bühne hergestellt. Sieben Wäschetrommeln leisten ihren Beitrag zur Klangkulisse. So gleichbleibend das musikalische Erlebnis bei dieser »Trash Opera« ist, so viel Stillstand herrscht auch auf der Bühne.
Esinencu setzt ganz und gar auf den – zwischen Rumänisch, Englisch und Russisch wechselnden und durchgängig übertitelten – Text. Mit reichlich energetischem Überschuss berichten sie von denjenigen, die die Drecksarbeit machen müssen – auch für uns. Beispielhaft wird uns anhand von den Ausgebeuteten, die für einen reibungslosen Betrieb auf Luxusreiseschiffen sorgen, der perverse Charakter des bestehenden Systems aufgezeigt. Hin und wieder wechseln die Performer in den Parolen-Modus.
Die inszenatorische Strategie dahinter ist bekannt, aber keineswegs wirkungslos: Auf der Bühne mühen sich drei bis zu den Grenzen der Erschöpfung ab, Schweiß fließt, während das Publikum in aller Entspanntheit dem Treiben folgen kann. Dabei wird ja gerade auch das inhaltlich verhandelt: Die einen lehnen sich zurück, die anderen malochen.
Allerdings – ganz neu ist diese Erkenntnis nicht. Da ist es durchaus aufregender, wenn in Vergessenheit geratene rumänische und moldawische Persönlichkeiten angeführt werden, die für eine andere Welt gekämpft haben. Allein, es bleibt beim Namedropping.
Wenn von der Bühne her auf den Antifaschismus eingeschworen wird – »Tut mir leid, das zu sagen, aber der antifaschistische Widerstand bestand größtenteils aus Kommunisten« –, wird man kaum umhinkommen, vorbehaltlos zuzustimmen. Es ist sicher nicht zu überschätzen, wenn aus Moldawien, vor dessen Einnahme durch Russland westliche Scharfmacher bereits mit Blick auf die Kriegskasse warnen, deutliche Worte gegen den Militarismus gefunden werden. Überhaupt ist das Anliegen des Abends ein grundsympathisches. Aber es hilft nichts: Ästhetisch ist das Spektakel unbeholfen, mitunter langweilig.
Ja, mit diesen drei Waschküchenperformern wäre vielleicht ein Staat zu machen. Aber für die Kunst sollten dann andere sorgen.
Weitere Vorstellung: 25.3.
www.hebbel-am-ufer.de[1]