nd-aktuell.de / 11.04.2025 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Es wird dunkel in Deutschland

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD wird die volkswirtschaftlichen Probleme weiter verschärfen

Heinz-J. Bontrup
Wirtschaft in der »GroKo« – Es wird dunkel in Deutschland

Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD mit dem Titel »Verantwortung für Deutschland« soll mit einer »sozial-ökologischen Marktwirtschaft«, wie es heißt, unsere Probleme lösen. Was er mitnichten tut.

Wer glaubt denn auch so was, wo doch an der Spitze der Regierung der Ex-Blackrock-Manager und Marktradikale Friedrich Merz (CDU) stehen soll. In seinem Buch »Mehr Kapitalismus wagen« aus dem Jahr 2008 schreibt der künftige Bundeskanzler, der Kapitalismus sei nicht das Problem, sondern die Lösung. Das Soziale sei genauso zu bekämpfen wie die abhängig Beschäftigten sowie ihre gewerkschaftliche Koalition. Heute denkt Merz nicht im Geringsten anders. Und die neoliberale Mehrheits-SPD mit ihren Bellizisten an der Spitze macht den Steigbügelhalter. Das Ergebnis könnte 2029 sein: Die AfD stellt mithilfe von CDU/CSU den Kanzler oder die Kanzlerin. Denn ähnlich war die Entwicklung am Ende der Weimarer Republik.

Wo steht in diesem Koalitionsvertrag der »Politikwechsel« für die breite Masse und das mittlerweile ausgegrenzte und ins Prekariat geschickte untere Viertel der Bevölkerung? Da hilft auch der vereinbarte Mindestlohn von 15 Euro ab 2026 nur wenig, wenn gleichzeitig das Bürgergeld abgeschafft und der Bezug der neuen Grundsicherung deutlich verschärft werden soll. Man hätte sich gewünscht, dass nicht die Ärmsten im Land sanktioniert werden, sondern die Vermögenden, von denen die meisten in ihrem Leben noch nie gearbeitet haben.

Des Weiteren wird nicht die Arbeitslosigkeit bekämpft, sondern die Menschen, die davon betroffen sind. Die geplanten Arbeitszeitflexibilisierungen sind nur fürs Kapital vorteilhaft, und die Steuerbefreiung von Mehrarbeit ist bezüglich Arbeitsschutz kontraproduktiv. Was fehlt, ist hingegen die Stärkung der Gewerkschaften durch allgemeinverbindliche Tarifverträge und die der Mitbestimmung.

Der zum Kapital umverteilende Neoliberalismus soll uns erhalten bleiben. Die Reichen werden von ihrem in den letzten Jahrzehnten erbeuteten Mehrwert (Zins, Miete/Pacht, Profit) nichts zurückgeben müssen. Es wird keine dringend notwendigen Steuererhöhungen für Reiche geben, keine einmalige Vermögensabgabe, keine Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, keine erhöhten Steuersätze für Erbschaften und für Kapitalerträge. Mit Steuersenkungen für untere Einkommensbezieher, die frühestens Mitte der Koalitionszeit winken, kann die SPD nur noch die ganz Dummen im Land blenden.

Auch bei sozialökologischen Veränderungen heißt es Fehlanzeige. Es gibt völlig untaugliche Konzepte wie eine Wasserstoffstrategie. Auch der geplante Ausbau der Erneuerbaren ist unrealistisch. Strompreissenkungen für die Industrie ja, aber die privaten Haushalte gehen leer aus. Und so geht es immer weiter: In der Gesundheitspolitik wird die Klassenmedizin noch verschärft, in der Bildungspolitik fehlen klare notwendige Finanzierungszusagen, und die notleidenden Kommunen werden nicht entschuldet.

Dafür erhalten CDU/CSU für ihre Kapitalklientel völlig überflüssige Geschenke: Es soll zu einer weiteren Absenkung der Körperschaftsteuer für Unternehmen ab 2028 bis 2033 auf dann lächerliche zehn Prozent kommen; es soll auch Steuersenkungen für Personengesellschaften und Einzelunternehmer geben. Zusätzlich sind für die nächsten drei Jahre massiv erhöhte Abschreibungssätze auf Investitionen von 30 Prozent pro Jahr geplant.

Im Haushalt werden die riesigen Löcher bleiben – angesichts der weiterbestehenden Schuldenbremse und trotz der ausgegliederten 1000 Milliarden Euro Sonderschulden für Aufrüstung und Infrastruktur – und nur mit einer Austeritätspolitik zu schließen sein. Die Einzeletats werden daher massiv gekürzt werden müssen, während Rüstung und Militär davon ausgenommen bleiben. Darunter wird besonders das Soziale leiden.

Es wird dunkel werden in Deutschland. Oder gibt es noch Hoffnung? Ja, wenn die SPD-Basis dem unerträglichen Koalitionsvertrag noch ein Ende bereitet. Da bin ich aber wohl naiv.