Die Europäische Kommission wird voraussichtlich sieben Länder als »sichere Drittstaaten« vorschlagen, in die EU-Mitgliedstaaten von dort stammende Asylsuchende im Schnellverfahren zurückführen können. Dies geht aus einem Dokument hervor, das dem Nachrichtenportal »Euractiv« vorliegt. Demnach[1] umfasst die geplante Liste Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Kosovo, Marokko und Tunesien. Sie soll bis Mitte Juni veröffentlicht und als Änderung zur EU-Asylverfahrensverordnung hinzugefügt werden. Dieses Gesetz ist Teil des im vergangenen Jahr verabschiedeten »Migrationspakts«, der von allen EU-Staaten bis 2026 umgesetzt werden muss.
Der Initiative soll laut »Euractiv« eine beschleunigte Überprüfung des Konzepts von »sicheren Drittstaaten« folgen. Das soll ermöglichen, Asylsuchende für die Bearbeitung ihres Antrags in ein Land außerhalb der Europäischen Union zu überführen. Die »Schutzverantwortung« für diese Person würde dann gemäß einer Änderung im EU-Recht auf diesen Staat übertragen. Erforderlich sei dazu aber laut Kommission der Abschluss »bilateraler oder auf EU-Ebene geschlossener Abkommen oder Vereinbarungen« mit den Drittstaaten. Familien mit Minderjährigen und unbegleitete Minderjährige sollten davon ausgenommen werden.
Die neue Prozedur würde die vollständige oder teilweise Streichung[2] des sogenannten Verbindungskriteriums erfordern – also Gründe, die Asylsuchende für einen Antrag in einem bestimmten EU-Land vorbringen. Solche Verbindungen können zum Beispiel Familienangehörige oder ein früherer Wohnsitz sein.
Im März hatte die Kommission ein »Gemeinsames Europäisches Rückkehrsystem« vorgeschlagen[3], das derzeit vom Rat und dem Europäischen Parlament diskutiert wird. Dieses neue Regelwerk enthält eine Passage zu »Rückkehrzentren« in Drittstaaten, in die Asylsuchende auch aus anderen Ländern überstellt werden könnten. »Die Mitgliedstaaten fordern innovative Lösungen für das Migrationsmanagement«, begründet die Kommission ihren Vorschlag.
»Die Politiker*innen müssen sich darauf besinnen, dass sie hier über echte Menschen und nicht über Schachfiguren entscheiden«, kritisiert Pro Asyl[4] die anvisierte Streichung des Verbindungskriteriums. Die im Entwurf vorgesehene Auslagerung von Asylverfahren[5] entmenschliche die Asyl- und Migrationspolitik weiter und führe zu »unmenschlichen Umständen in und außerhalb der Europäischen Union«.
Bislang hat als einziger EU-Staat nur Italien eine solche Vereinbarung für ein »Rückkehrzentrum« mit Albanien geschlossen. Italienische Gerichte hatten die Verbringung von Asylsuchenden mehrmals als rechtswidrig beurteilt[6] und die Rückholung gefordert. Vor dem EU-Gerichtshof ist dazu eine Grundsatzentscheidung anhängig[7], eine erste Anhörung dazu fand Ende Februar in Luxemburg statt.