Angesichts der sehr überzeugenden eigenen Auftritte war es den Eisbären Berlin[1] »egal«, wer der Gegner in den Endspielen um die Meisterschaft wird. Nun steht fest: Es sind die Kölner Haie, nach 4:2-Siegen im Halbfinale gegen den Hauptrundenersten ERC Ingolstadt. Angst hat der Titelverteidiger aus der Hauptstadt deswegen nicht. Die Eisbären präsentierten sich in den Playoffs in einer Form, die selbst die Konkurrenz beeindruckte. Der Hauptrundenzweite[2] schaltete erst Straubing im Viertelfinale mit 4:1-Siegen und 18:9 Toren aus und stoppte anschließend im Halbfinale den achtfachen Meister Adler Mannheim im Schnellgang mit 4:0-Siegen und 16:4 Toren.
Mannheims NHL-erfahrener Trainer Dallas Eakins, der sich mit seinem hochkarätig und teuer besetzten Team viel versprochen hatte, war ob des Scheiterns im Halbfinale reichlich frustriert. Angesichts der Berliner Machtdemonstration[3] räumte er allerdings unumwunden ein: »In dieser Verfassung sehe ich keinen in der Liga, der den Siegeszug der Eisbären aufhalten könnte. Sie sind aus meiner Sicht in einer Meisterform, die die Konkurrenten in den Schatten stellt. Sie sind die Champions, haben auf alles eine Antwort. Schon letztes Jahr hatten sie einen konkurrenzlosen Lauf.«
Die Eisbären Berlin[4] lassen sich von diesen Lobeshymnen nicht irritieren, strotzen dennoch vor Selbstvertrauen – auch wenn alle betonen: »Wir sind noch längst nicht am Ziel.« Selbst Meistertrainer Serge Aubin war begeistert von seinem Team, sprang über seinen Schatten und gab die sonst gewohnte Zurückhaltung auf: »Ich bin sehr stolz auf meine Spieler. Es war speziell gegen Mannheim eine harte Serie. Doch wir waren von Beginn bereit und haben mit großer Leidenschaft das beste Spiel der Serie absolviert. Mir hat gefallen, dass wir auch in kritischen Situationen immer ruhig und gelassen geblieben und nicht von unserer spielerischen Linie abgewichen sind. Die Jungs sind voll auf das Finale fokussiert.« Der Gegner dort war ihm »egal«.
Auch Stürmer Leonhard Pföderl, der nach der Hauptrunde zum »Spieler des Jahres« gewählt wurde, redete nicht lange drumherum: »Wir haben in der Halbfinalserie unsere beste Leistung abgeliefert und sind sehr selbstbewusst. Von Beginn an haben wir stark verteidigt und in der Offensive haben wir zugeschlagen, wenn wir es brauchten.« Der 31-Jährige hatte zusammen mit seinen Sturmkollegen Frederik Tiffels und Ty Ronning den Kurpfälzer Etatkrösus geradezu schwindelig gespielt. In dem vermeintlichen Gigantenduell sorgte diese Paradereihe mit viel Tempo und großem Spielverständnis in den vier Partien für elf der insgesamt 16 Treffer, in jedem Spiel war mindestens einer aus dem Trio an einem Tor oder an einer Torvorbereitung beteiligt.
Eine herausragende Rolle in diesem Trio spielt der Topscorer Ty Ronning. Der 27-jährige Kanadier, der offen über seinen Aberglauben spricht und »in jedem Spiel die gleiche Unterwäsche trägt«, brachte das Kunststück fertig, in 23 Spielen der Deutschen Eishockey-Liga in Folge mindestens einen Punkt als Torschütze oder als Assist zu erzielen. Damit überbot er den bisherigen DEL-Rekord aus der Saison 1994/1995 von Peter Draisaitl um zwei Spiele. Für Ronning ist aber anderes wichtiger: »Wir haben als Team ein höheres Ziel im Blick – den Meistertitel. Nur das zählt.«
Für einen Wermutstropfen sorgte Angreifer Zach Boychuk. Dem Kanadier versagten im dritten Halbfinalspiel gegen Mannheim die Nerven, als er in der Schlussphase Tom Kühnhackl mit einem völlig unnötigen Stockschlag am Helm und Nacken attackierte und daraufhin für vier Spiele gesperrt wurde. Er wird also in den ersten drei Finalpartien zuschauen müssen.
Wenn die »Best-of-7-Serie« am Gründonnerstag in Berlin startet, gastiert überraschenderweise nicht der ERC Ingolstadt in der Arena am Ostbahnhof. Der überzeugende Hauptrundensieger aus Oberbayern hatte sich mit seinen zwölf Neuzugängen in die Favoritenrolle gespielt und wollte nach 2014 endlich zum zweiten Mal Meister werden, wurde im Halbfinale aber von den Kölner Haien herausgefordert und am Montagabend gestoppt.
Gegen den Sechsten der Vorrunde gelangen Ingolstadt in der Halbfinalserie nur zwei Siege. Die Kölner Haie, die vor der Saison ihr Trainerteam ausgewechselt hatten und unter dem Finnen Karl Jalonen nach 2002 zum 23. Mal Anlauf zum dritten DEL-Titel nehmen, bejubelten am Montagabend vor heimischer Kulisse mit einem 3:2 nach Verlängerung den ersten Finaleinzug seit elf Jahren. Nun müssen sie nach kurzer Pause bereits am Donnerstag zum Finalauftakt in Berlin gegen ausgeruhte Eisbären aufs Eis.