nd-aktuell.de / 16.04.2025 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Marode Infrastruktur: Mehr Lücke als Brücke

Infrastruktur in Deutschland laut neuer Erhebung viel maroder als geschätzt

Der Einsturz der Dresdner Carolabrücke war ein besonders drastisches Beispiel für die marode Infrastruktur in Deutschland.
Der Einsturz der Dresdner Carolabrücke war ein besonders drastisches Beispiel für die marode Infrastruktur in Deutschland.

Berlin. Der Bund unterschätzt den Sanierungsstau bei den maroden Brücken in Deutschland deutlich. Das geht aus einer neuen Erhebung der Organisation Transport & Environment (T&E) hervor. Demnach sind rund 16 000 Brücken in Bundeshand baufällig. Den Berechnungen zufolge müssen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene bis zu 100 Milliarden Euro in den Ersatzneubau von Brücken investiert werden. T&E ist ein europäischer Dachverband nicht-staatlicher Organisationen, die sich für nachhaltigen Verkehr einsetzen.

»Das Geld müsste eigentlich jetzt investiert werden«, erklärt Studienautor Benedikt Heyl im Gespräch mit »nd«. Werden die Investitionen verschleppt, verschleißen die Bauten schneller. »Das führt mittelfristig zu noch höheren Kosten.«

Für das laufende Haushaltsjahr hat die alte Regierung unter Olaf Scholz nur 0,7 Milliarden Euro explizit für Brückenmodernisierungsprojekte vorgesehen. Laut T&E bräuchte der Bund so mehr als 40 Jahre, um den bestehenden Investitionsstau zu beseitigen. Konkrete Zahlen für die kommenden Jahre hat die neue Koalition noch nicht vorgelegt.

T&E kritisiert, dass das Verkehrsministerium in seinem Brückenmodernisierungsprogramm von 2022 nicht das gesamte Autobahnnetz berücksichtigt. Dem Sanierungsplan des Ministeriums zufolge sollen in einem Zeitraum von zehn Jahren 4000 Brücken im Kernnetz stark belasteter Autobahnen saniert werden. Langfristig sollen weitere 4000 Autobahnbrücken folgen.

Mit Blick auf die bröckelnden Brücken und zunehmende Militarisierung fordert der Vorsitzende des Reservisten-Verbands, Patrick Sensburg, dass an Autobahnbrücken wieder »Panzerschilder« angebracht werden, weil die Bundeswehr deren Zustand oft nicht kenne, wie die »Rheinische Post« berichtet. Die gelben Schilder wurden im Kalten Krieg in Westdeutschland entlang militärisch relevanter Straßen installiert. Seit 2009 schreibt das Verteidigungsministerium die Beschilderung nicht mehr vor. dpa/nd