Auch in Berlin wird derzeit um die Teilnahme russischer und belarussischer Diplomaten an Gedenkveranstaltungen zum Tag der Befreiung[1] vom Faschismus am 8. und 9. Mai debattiert. Gänzlich von Gedenkorten fernhalten will sie der Senat nicht – das sagt zumindest die Senatsverwaltung für Umwelt zu »nd«, die zum Beispiel für das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park das Hausrecht innehat und somit in der Verantwortung wäre, Vertreter der russischen Botschaft des Platzes zu verweisen.
»Selbstverständlich ist die Ablage von Blumen, Kränzen und Gebinden für alle, die die Würde der Kriegsgräberstätten wahren, möglich«, so Petra Nelken, Pressesprecherin der Umweltverwaltung[2]. Man respektiere das »stille Gedenken« an die Gefallenen und Kriegsopfer des Zweiten Weltkriegs. Aber: »Angesichts der aktuellen Kriegshandlungen gegen die Ukraine erwarten wir, insbesondere in Respekt vor den Opfern, dass offizielle Vertreter von Russland und Belarus gerade an diesen bedeutenden Gedenkstätten von offiziellen Auftritten absehen.«
Laut Angaben der »Berliner Zeitung« will auch das Bezirksamt Treptow-Köpenick eine Teilnahme russischer Diplomaten am Tag der Befreiung vom Faschismus nicht unterbinden. »Angesichts der historischen Rolle der Sowjetunion[3] bei der Befreiung Deutschlands und Europas vom Nationalsozialismus und angesichts der Opfer der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg, würde das Bezirksamt Treptow-Köpenick es für nicht angemessen halten, Vertreter der Botschaften Russlands oder Belarus’ – selbst wenn sie nicht eingeladen wurden und unangekündigt erscheinen sollten – unter Anwendung des Hausrechts des Platzes zu verweisen«, so zitiert die Zeitung eine Sprecherin des Bezirksamts.
Das Auswärtige Amt hatte eine Handreichung an die Kommunen verschickt, in der es vor einer Instrumentalisierung des Gedenkens durch Russland warnt und empfiehlt, russische und belarussische Vertreter von Veranstaltungen auszuladen und eine Teilnahme gegebenenfalls nicht zuzulassen. Eine offizielle Handreichung liege dem Bezirksamt Treptow-Köpenick allerdings nicht vor, sagte die Sprecherin nach Angaben der »Berliner Zeitung«. Eine kurzfristige Anfrage von »nd« beantwortete das Bezirksamt bis Redaktionsschluss nicht.
Die Gedenkstätte Sachsenhausen[4] in Oranienburg, nördlich von Berlin, will der russischen Botschaft ein eigenes Gedenken abseits der offiziellen Veranstaltung ermöglichen, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch berichtet. Demnach plane die Botschaft eine separate Gedenkveranstaltung am 28. April. »Mit einer stillen Gedenkzeremonie sind wir einverstanden. Wenn die russische Botschaft das möchte, kann sie das tun«, sagte der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, der dpa. Die Gedenkstätte gehe davon aus, dass wie in Vorjahren Kränze niedergelegt werden.
Vertreter der russischen Botschaft wurden zuvor von den offiziellen Gedenkveranstaltungen am 4. Mai ausgeschlossen, sagte Drecoll der dpa. Dies sei bereits seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine 2022 der Fall. »Bisher ist die russische Botschaft auch nicht erschienen.«